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"Liebe taz..." Widerständler-Namen eingebleut - betr.: "Die andere Wehrmachtsausstellung - Neumann und Reemtsma einig", taz vom 16.4.1997

Betrifft: „Die andere Wehrmachtsausstellung – Neumann und Reemtsma einig“, taz vom 16.4.1997

Schon während meiner Schulzeit in den 50er Jahren haben unsere Lehrer uns die Namen der Widerstandskämpfer Stauffenberg und Bonhoeffer eingebleut. Von den Verbrechen der Wehrmacht haben sie uns nichts erzählt. Von der Haltung der offiziellen Kirche, den Deutschen Christen, erfuhren wir erst in den 60er Jahren durch mutige Pastoren. Eine Demokratie kann aber nur bestehen, wenn Schuld nicht verdrängt, sondern benannt wird.

Erst jetzt, wo die Kinder der Kriegsväter an den Schalthebeln der Politik sitzen, wurde die Präsentation der Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht im Rathaus ermöglicht. Die von Herrn Neumann nun durchgesetzte zweite Ausstellung „zum militärischen Widerstand“wird deshalb für die Generation der Nachkriegskinder aus den eingangs erwähnten Gründen vermutlich nicht viel Neues enthalten. Trotzdem dürfte sie nicht nur für Schulklassen wichtig sein.

Im Interesse einer umfassenden Aufarbeitung der Nazivergangenheit empfehle ich eine dritte Ausstellung. Von den zahlreichen Attentatsversuchen auf Hitler hat es zwei Bombenanschläge gegeben: Den von Graf Stauffenberg und die mutige Tat des süddeutschen Schreinergesellen Johann Georg Elser.

„Der Gedanke an die Beseitigung der Führung ließ mich damals nicht mehr zur Ruhe kommen ... und bereits im Herbst 1938 hatte ich den Entschluß gefaßt, die Beseitigung der Führung selbst vorzunehmen“, gab Elser nach seiner Festnahme zu Protokoll, nachdem die von ihm gefertigte Bombe Hitler am 8. November 1939 im Münchener Bürgerbräukeller um 13 Minuten verfehlt hatte.

Im Gegensatz zum militärischen wird der zivile Widerstand noch heute vernachlässigt. In Berlin wird deshalb von der „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“eine Ausstellung über Elser vorbereitet, welche am Vorabend des 20. Juli im Bendlerblock in der Stauffenbergstraße eröffnet wird.

Durch ihr Interesse könnten die Bremer Politiker die Berliner Initiatoren ermutigen, eine zusätzliche Wanderausstellung zu konzipieren, welche bundesweit gezeigt werden könnte. Das Motto könnte lauten: „Erinnern für die Zukunft“.

Bernd M. Krause

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