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Rat bei amerikanischem Apfelschwindel

■ Seit über 30 Jahren schreibt Ror Wolf am Ruhm vorbei, aber nicht an Kay Sokolowsky

Waren Sie schon einmal in Schlitz? Spazierten Sie schon mal durch Olm, vorbei an schlammigen Tümpeln, das Wasser schwarz von ermatteten Fliegen? Kennen Sie den Magenforscher Baumann, den musikalischen Betrüger Kobermann? Suchen Sie Rat in Sachen amerikanischer Apfelschwindel oder überzählige Brustdrüsen?

Genau eine Buchhandlung entfernt, in Werken wie Mitteilungen an Ratlose, Pilzer und Pelzer oder Nachrichten aus der bewohnten Welt entfaltet sich dieser Kosmos aus Wohlklang und Geheimnissen; verzaubernde Prosa, mit der der Schriftsteller Ror Wolf seit über dreißig Jahren am verdienten Ruhm vorbeischreibt. Der Vortrag, den der junge Hamburger Autor Kay Sokolowsky im Rahmen einer Ringvorlesung heute um 20 Uhr im 2. Stock des Philosophenturms zum Werk des genialen Wortkünstlers, Hörspielartisten und Collagentüftlers halten will, trägt daher die hermetischen Züge leidenschaftlicher Missionstätigkeit.

An ausgewählten Beispielen wird Sokolowsky das hochkomische Wechselspiel demonstrieren, durch das Wolf seine Figuren treibt. Federleicht schwebend zwischen Aufbruch und Scheitern, zwischen rasanten Bewegungen und erschöpftem Verharren – Literatur als Kompendium der Vergeblichkeit, in die Wolf, in 35 Jahren 39mal umgezogen, viel von seiner eigenen, eigentümlich unsteten Existenz eingewoben hat.

Wer sich dem konzentrierten Vortrag hingeben mag, wird danach verzagt an verschlossenen Buchhandlungstüren entlangschaben, auf der Suche etwa nach Wolfs Fußball-Büchern, jenen sanft applaudierenden Parabeln menschlicher Unzulänglichkeit, die dem ansonsten ziemlich Ignorierten immerhin eine begeisterte Kritik in der deutschen Schiedsrichterzeitung eintrugen.

Oder er wird in das Hörspielarchiv des NDR eindringen, um endlich einmal Wolfs virtuose Biographie des Jazz-Kornettisten Bix Beiderbecke einzusaugen. Auf jeden Fall wird er dem Vortragenden danken für die Einladung in eine suchtmachende Gegenwelt. „Weil ich den leeren Raum nicht ertrug“, schrieb Ror Wolf einmal, „erfand ich einige Dinge, um diesen Raum auszufüllen.“

Peter Nedetzki Der Vortrag findet heute um 20 Uhr im 2.Stock des Philosophenturms, Von-Melle-Park, statt.

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