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Ein Chinese im Autobahnnetz

■ Kunst-Leckerbissen an unerwartetem Ort: Die Galerie im Medienhaus präsentiert den Maler und Collagisten Ren Rong

Normalerweise stellt die Galerie im Medienhaus an der Schwachhauser Heerstraße unbekannte KünstlerInnen aus, deren Förderung sie sich auf die Fahnen geschrieben hat. Diesmal ist es anders. Diesmal freut sich nicht der Künstler über die Gelegenheit zur Ausstellung, sondern es freuen sich die InhaberInnen der Galerie, daß sie den Künstler ausstellen dürfen. Denn der in Bonn und Peking lebende Chinese Ren Rong verfügt über genug Renomee, um seine Werke an Orten wie Hongkong, Schanghai, Madrid und Hamburg zu präsentieren. Ganz zu schweigen von den diversen Galerien mit Rang und Namen oder den Stipendien, die er als Auszeichnung für seine Arbeit erhalten hat.

Ren Rong präsentiert eine spannungsreiche Kunst zwischen kontemplativer Ruhe und vitalem Gestus. Es ist ein ostwestlicher Animismus, in dem sowohl die archaischen Wurzeln chinesischer Kultur als auch die Geschichte der europäischen Kunst Platz finden. Rongs Papierschnitte mit „Pflanzenmenschen“nehmen die Tradition der volkstümlichen Scherenschnitte Asiens ebenso auf, wie sie an den späten Matisse erinnern. Indem er sie mit Hintergründen aus chinesischer Kalligraphie, mit den Bildergeschichten asiatischer Historiencomics, mit Tagebüchern oder mit Ausschnitten aus einem deutschen Straßenatlas kombiniert, verschafft er ihnen darüber hinaus eine semantische Tiefe, die den Betrachter – ganz ernst – in die Welt der alten chinesischen Dynastien oder – ironisch – in die Fremdheit des Chinesen im Netz der deutschen Autobahnen entführt.

Die ostwestlichen Assoziationen reichen dabei von der Yin-Yang-geprägten Symbolik Asiens bis zur Materialarchaik eines Joseph Beuys. Denn wie dieser verwendet Ren Rong häufig Wachs, das er als Firnis einsetzt, um den Bildern eine haptische Dimension hinzuzufügen – auch wenn er in Düsseldorf nicht bei diesem, sondern beim eher verspielten Fritz Schwegler Meisterschüler war.

Die eigentliche Charakteristik der Kunst von Ren Rong aber ist die serielle Reihung, was sich aus der Bremer Ausstellung leider nur ansatzweise erschließt. Zwar herrscht auch hier die motivische Wiederholung, doch sie wirkt ungleich schwächer als in jenen Installationen, mit denen der Künstler sonst gerne die Wände, Fassaden und Fenster der großen Häuser übersät, in denen er zu Gast ist. Gerade dieser raumgreifende Installationsgestus jedoch ist es, den Ren Rong nach eigenem Bekunden als das typisch Europäische an seiner Kunst begreift. „In China wäre ich vermutlich viel traditioneller geblieben“, kommentiert er seine Vorliebe für die große Installation und fügt hinzu, daß er lange darüber nachgedacht hat, ob es gut ist, in diesen Bremer Räumlichkeiten auszustellen. Denn hier ist die Präsentation seiner Kunst eben fast so traditionell wie in China. Was nichts daran ändert, daß man sich die Ausstellung unbedingt anschauen – und sich wenigstens einen der inzwischen zahlreich erschienenen Kataloge kaufen sollte.

Moritz Wecker

„Ren Rong“bis 10. Juni im Medienhaus, Schwachhausen

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