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Kabila rüstet zum Sturm auf Kinshasa

■ In Vorbereitung auf die Besetzung der Hauptstadt rüsten Zaires Rebellen kräftig auf und verlangen die Kapitulation der Regierungsarmee. Die plündert auf dem Rückzug Mobutus Geburtsort Gbadolite

Berlin/Kinshasa (taz/rtr) – Während sich Zaires Präsident Mobutu langsam von der politischen Bühne zurückzieht, richten sich die Rebellen der „Allianz demokratischer Kräfte für die Befreiung von Kongo/Ex-Zaire“ (AFDL) unter Laurent-Désiré Kabila auf den Endsieg ein. Sie forderten gestern die Regierungsarmee in der Hauptstadt Kinshasa formell zur Kapitulation auf und sicherten ihnen gute Behandlung zu: ein Teil ihrer üblichen Zermürbungsstrategie.

Am Montag hatte Kabila bereits angekündigt, der Angriff auf Kinshasa könne innerhalb weniger Tage beginnen, wenn Mobutu sich nicht doch noch den Forderungen der Rebellen beuge und zurücktrete. Nun wählt Mobutu offensichtlich den eleganten Ausweg, indem er einfach verschwindet. Ob das Kabilas Wunsch entspricht oder nicht, ist egal, denn es ist zu bezweifeln, daß irgend jemand noch die AFDL-Soldaten am Einmarsch in Kinshasa hindern könnte – am allerwenigsten die AFDL-Führung selber. Die Hauptstadt wird fallen, und die einzigen offenen Fragen sind, ob Mobutus Garde noch Widerstand leistet und wer sich gegenüber Kabila in Kinshasa als einheimische Autorität hinstellen wird. Nichts anderes meinte der US-Sondergesandte Bill Richardson – der gestern in Botswana mit Ugandas Präsident Yoweri Museveni zusammentraf und danach mit Südafrikas Vizepräsident Thabo Mbeki sprechen wollte – als er den Sinn seiner diplomatischen Bemühungen so definierte, daß er Kabila eine „weiche Landung“ in Kinshasa ermöglichen wolle.

Mobutus Militär stellt den Rebellen wenig entgegen. Abziehende Soldaten der Regierungsarmee plünderten gestern bereits Gbadolite, Mobutus Geburtsdorf im hohen Norden Zaires, wo er sich eine gigantische Urwaldresidenz gebaut hat. Der Fall von Gbadolite wäre neben dem Kinshasas die größte persönliche Demütigung für Mobutu. Ebenfalls gestern wurden Kämpfe um die Stadt Kenge etwa 200 Kilometer östlich von Kinshasa gemeldet, deren Einnahme die AFDL bereits am Wochenende verkündet hatte. Hier sind Einheiten der Präsidialgarde an die Front entsandt worden.

Die Rebellen sind sich jedoch bewußt, daß Kinshasa ihnen nicht einfach in den Schoß fallen wird wie der Rest des Landes, und bereiten sich daher sorgfältig vor. Den Großteil von Zaire mußten sie gar nicht im Kampf erobern, sondern sie marschierten nach dem Rückzug der Mobutu-Armee einfach herein und ließen sich feiern. Für Kinshasa aber stellt die AFDL eine mindestens 10.000 Mann starke Angriffstruppe mit Panzern und Artillerie zusammen.

Aus Lubumbashi im Süden des Landes, die neue faktische Hauptstadt der AFDL, werden schwere Waffen und militärische Gerätschaften zur Flußüberquerung per Flugzeug in die Städte Kikwit und Kananga im Westen Zaires gebracht, von wo aus sie an die Front gelangen. Die Flugzeuge werden von Privatunternehmern zur Verfügung gestellt. Immer zahlreicher sind auch die Berichte, wonach die Regierung des nahen Angola der AFDL tatkräftig hilft, unter anderem mit Soldaten – eine Revanche für Mobutus Unterstützung der angolanischen Unita-Rebellen in den letzten Jahren. D. J.

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