: Groove den Banküberfall
■ Godmothers tun es für sich selbst: HipHop'n'Crime Comedy „Set It Off“
Wenn Cleo in eine Hochgarage einmarschiert und ein Auto knackt, kontrolliert sie zunächst einmal die CDs im Handschuhfach auf Groovefähigkeit. Das meiste fliegt sofort aus dem Fenster. Nur vordergründig zielen die Banküberfälle von Cleo (Queen Latifah) und ihren drei Freundinnen auf monetären Zugewinn und sind dementsprechend brav sozialromantisch durchmotiviert. Primär haben es die vier schwarzen Bankräuberinnen auf Lustgewinn abgesehen. Und so leistet sich die dicke Lesbe Cleo von der Beute des ersten, erstaunlich einfachen Überfalls ein hübsches Auto und ein paar nette Dessous für ihre Freundin, die ihren ersten Einsatz bei einem Nümmerchen auf der Motorhaube finden.
Früher hätte man (äh, frau) aus „Set It Off“ flugs eine Theorie der Ästhetik des weiblichen Banküberfalls entwickelt. Denn die Unterschiede sind augenfällig: Wird uns zunächst ein brutaler Jungsüberfall vorgeführt, bei dem fies das Hirn spritzen muß (auf das gute Jackett einer der späteren Räuberinnen), sind die Aktionen der Ladies wohl durchtemporiert. Mit smoothem HipHop im Fluchtwagen grooven sie sich vor oder auch schon mal durch splitternde Schaufenster in die Bank, setzen sich Tina-Turner-Attrappen-Perücken auf und kassieren soft, aber bestimmt ab.
Blöd nur, daß es Männer gibt, die hinter ihnen her sind (und bis auf einen haben sie dabei leider keinen Sex im Sinn). Der Cop, dessen Einheit den Bruder der einen erschießt, weil er die falsche Hautfarbe und das richtige Tattoo am Hinterkopf hat, spielt den streichholzkauenden Spaßverderber. Routiniert, aber gleichwohl vom Willen zur Inszenierung des sexy Bankraubs inspiriert, zieht Regisseur F. Gary Gray die Register des Actionkinos aus der Westentasche. Der Realisator zahlreicher, teils preisgekrönter HipHop-Videos (Coolio, Ice Cube, Dr. Dre) und des HipHop-Spielfilms „Menace II Society“ zeigt uns ein Quartett, das all das auch kann, was in Filmen meist nur Jungs können, dabei aber mehr Spaß hat. Selbstironisch konferieren die vier von der Büroputzkolonne (ihr Brotjob) am runden Chefschreibtisch. Mit ausgepolsterten Backen und zur Musik des Paten planen sie ihren nächsten Bruch. Godmothers wie Queen Latifah sind die Godfathers der Zukunft. Einer der Filme, aus dem wir um uns schießend rauslaufen, uns aufs Fahrrad setzen, bei Rot über die Kreuzung preschen und dem ersten depperten Autofahrer den Stinkefinger zeigen. Andreas Becker
„Set It Off“. Regie: F. Gary Gray. Mit Jada Pinkett, Queen Latifah, Vivica A. Vox, Kimberley Elise
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