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Zaires Opposition wittert neuen Trick Mobutus

■ Gegen den Protest der Opposition und mit den Stimmen der Mobutu-Anhänger ernennt Zaires Parlament Erzbischof Monsengwo zum Parlamentspräsidenten

Berlin/Kinshasa (taz/AFP) – Der frühere Erzbischof von Kisangani, Laurent Monsengwo, ist vom Parlament in Zaire als neuer Parlamentspräsident nominiert worden. Dem seit zwei Jahren unbesetzten Posten kommt laut Verfassung die Schlüsselposition des Ersatzpräsidenten im Falle einer Vakanz an der Staatsspitze zu. Die Idee, ihn neu zu besetzen und damit einen Übergangspräsidenten zu schaffen, der nach einem Abtritt Mobutus anstelle von Rebellenchef Kabila amtieren und Wahlen in Zaire organisieren könnte, war auf dem Gipfeltreffen frankophoner Staaten in Gabun geboren worden, von dem Mobutu am Samstag nach Zaire zurückkehrte. Monsengwo, der schon einmal bis 1995 Parlamentspräsident war und seither im italienischen Exil lebt, hat den Posten bislang nicht angenommen und äußerte sich in ersten Reaktionen zurückhaltend.

Mit einer Zustimmung Kabilas zu einer Machtübergabe von Mobutu an Monsengwo ist nicht zu rechnen, denn das Organisieren von Wahlen im chaotischen Zaire dauert Jahre, und wenn die AFDL bis nach einer Wahl wartet, ist ihre Machtübernahme faktisch zunächst einmal vom Tisch. Es ist schwer denkbar, daß die militärisch siegreichen Rebellen so ohne weiteres jemand anderem die Staatsführung überlassen würden. Warum Monsengwo besser legitimiert sein sollte als Kabila, um Mobutu abzulösen, ist nicht nur den Rebellen unklar. Für die radikale Opposition gilt die Wiederentdeckung Monsengwos als Trick des Mobutu-Lagers, um einen Wandel hinauszuzögern. Die Oppositionspartei UDPS, die Monsengwo aus seiner früheren Amtszeit als Parlamentspräsident bis 1995 in schlechter Erinnerung hat, blieb der parlamentarischen Abstimmung zu seiner Wiederberufung aus Protest fern, so daß der Bischof seinen Posten den Stimmen der Mobutu- treuen Parteien verdankt. Ein Oppositionsabgeordneter sprach während der Abstimmung von „Theater“. Von der Besuchertribüne rief ein Mann, das alles sei Zeitverschwendung: „In einer Woche wird es dieses Parlament nicht mehr geben!“

Ein neues Gipfeltreffen zwischen Mobutu und Kabila am kommenden Mittwoch auf einem Schiff unter südafrikanischer Vermittlung soll nach den Worten des südafrikanischen Vizepräsidenten Thabo Mbeki zur Klärung der „substantiellen Fragen“ des Übergangs in Zaire dienen. Die AFDL hat die Stadt Kenge, 180 Kilometer östlich von Kinshasa, nach einwöchigen Kämpfen erobert und rückt jetzt weiter vor. Die geschlagenen Regierungstruppen versuchten am Wochenende, am Kwango-Fluß 40 Kilometer westlich von Kenge Widerstand zu leisten. D.J.

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