: „Die könnten auch Konserven herstellen“
■ Die Bundesdruckerei in Kreuzberg bezog gestern ihr neues Gebäude zum Gelddrucken
„Schrumm!“ dröhnt der Takt in der hohen Halle aus Glas und Beton. Geld stinkt nach Lack und macht Lärm. Der neue Anbau der Bundesdruckerei wirkt nach außen freundlich mit seinen weinroten Backsteinwänden und der breiten Fensterfront. Innen rattert ein knappes Dutzend der doppelt mannshohen Druckmaschinen von Koenig und Bauer aus Würzburg. Wohlgenährte Drucker in grünen Latzhosen tragen Bottiche mit grüner oder roter Farbe. Überall werden Bögen mit Geldscheinen gewendet und geprüft. Gestern zur Einweihung waren die 200er und die 500er dran.
Damit die vielen Farben bei den einzelnen Druckvorgängen richtig abtrocknen, läuft jeder Schein insgesamt drei bis vier Wochen zwischen dem Lager und den Druckrollen hin und her, bis er fertig in schnöde braune Pappkartons verpackt wird. In den meisten Abteilungen des Hauses sind Männer in der Überzahl – nur die Abschlußprüfung ist zu hundert Prozent in Frauenhand: „Es hat sich gezeigt, daß Frauen einen besseren Draht zur Qualitätskontrolle haben“, meint der Bereichsleiter zur Begründung.
In aller Seelenruhe karren die Arbeiter die Paletten mit den Scheinen hin und her, obwohl der Wert auf den Noten vor ihnen in die Millionen geht. Architekt Wolfgang Schuster sieht alles wenig dramatisch: „Die Leute hier könnten auch Konserven herstellen.“ Understatement pflegen die Planer der neuen Druckerei ebenso wie einen gewissen Sicherheitsrummel um ihre neue Anlage. Immerhin haben sie neben Büros und Druckhalle auch den größten überirdischen Tresor Europas hingestellt. 115 Millionen Mark hat der Bau gekostet, die Druckmaschinen noch einmal 36 Millionen. Vier Sicherheitsringe umgeben das wertvolle Papier – von elektronischen Sensoren bis zum Panzerstahl. Über 500 Millionen Banknoten im Wert von 20 bis 30 Milliarden Mark verlassen jedes Jahr den Hof der Bundesdrucker, außerdem Briefmarken und Personalausweise. Wann und auf welchen Wegen die Scheine zur Bundesbank oder den Landesbanken transportiert werden, wissen nur wenige Mitarbeiter.
Seit Juli 1994 ist die Druckerei keine Behörde mehr, sondern eine bundeseigene GmbH. Nun muß sie sich einerseits nicht mehr jeden Etatposten und jede Gehaltserhöhung nach dem Beamtenrecht genehmigen lassen. Andererseits erwartet Finanzminister Theo Waigel schwarze Zahlen. Die kann die Geschäftsführung schon vorweisen. Bei einem Umsatz von 385 Millionen lag der Gewinn 1996 allerdings unter 2 Millionen Mark. Und die Kosten für den Neubau hat dabei noch die Bundesregierung bezahlt. Damit in Zukunft der Rubel besser rollt, stellt sich die Bundesdruckerei nun „dem Wettbewerb“, wie Geschäftsführer Bock gern betont. Indien oder Tadschikistan werden um Aufträge umworben. In der Graphikabteilung sind schon einige Entwürfe zu bewundern: Arafat auf einem Geldschein der palästinensischen Autonomiebehörde etwa. Rainer Metzger
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