American Pie: Der Hardliner an der Linie
■ Pat Rileys Miami Heat fordern die Chicago Bulls heraus
If the bible tells you so, do you believe in rock 'n' roll
Zwei Worte waren es, die der Mannschaft von Miami Heat noch den Sieg in der fast schon verlorenen Serie gegen die New York Knicks und das Recht, im Finale der Eastern Conference der NBA gegen die Chicago Bulls zu spielen, brachten. „Bleibt sitzen“, fauchte Coach Pat Riley seine auf der Bank befindlichen Spieler an, als diese sich gerade in eine auf dem Feld entbrannte Rauferei stürzen wollten. Seit 1994 wird solches von der NBA mit einer automatischen Sperre geahndet. Kollege Jeff van Gundy hatte seine Knicks nicht so gut im Griff und mußte in den restlichen beiden Spielen insgesamt auf sechs seiner wichtigsten Spieler verzichten. Miami gewann, und der gestrenge, aber besonnene Riley hatte gezeigt, daß er zu Recht zum „besten Trainer des Jahres“ gewählt worden war. NBA- Commissioner David Stern wiederum, nach dem von ihm untersagten Wechsel von Juwan Howard nach Miami dort „unbeliebter als sogar Fidel Castro“ (El Pais), darf sich wieder sehen lassen in Riley-Country.
„Wenn der Wechsel sein wunderbares Gesicht zeigt, vergiß nicht, es zu streicheln“, hatte Pat Riley zu Saisonbeginn an die Kabinenwand geschrieben. Dementsprechend handelte er auch. Sein ohnehin ungekrempeltes Team gestaltete er während der Saison noch einmal neu, holte aus Dallas Jamal Mashburn, aus Europa John Crotty (Bologna) sowie Willie Anderson (Piräus) und formte um Center Alonzo Mourning und Spielmacher Tim Hardaway eine exzellente und hochmotivierte Mannschaft. Seine dritte Wahl zum Coach des Jahres – vorher hatte er als Lakers- und Knicks-Trainer gewonnen – betrachtet er als die ehrenvollste, weil er sich in Miami nicht ins gemachte Nest setzte, sondern sein Team als Coach, Manager und Teilhaber vollständig selbst aufbaute.
An seinen Methoden hat sich indes wenig geändert. Rileys Mannschaften strotzen vor Kondition und verwenden nicht immer feine Methoden. „Ich weiß genau, was er diesen Typen gesagt hat, schließlich war er vier Jahre lang mein Coach“, meinte New Yorks John Starks nach dem Vorfall, der zu den Sperren führte. Gestartet wurde der Tumult durch eine Wrestling-Einlage von Miamis P.J. Brown. Der hatte vor einigen Monaten noch den NBA-Preis für gutes Benehmen gewonnen. Ohne Zögern gaben die Knicks ihrem alten Motivator die Schuld an der rauhen Gangart in der Serie und versuchten damit gleichzeitig von ihrer eigenen Brutalität und Torheit abzulenken.
Auch Chicagos Trainer Phil Jackson – Rileys Vorgänger als Coach des Jahres, der diesmal pikanterweise keine einzige Stimme bekam – hat reichlich Erfahrung mit den Teams des smarten Hardliners an der Linie. „Halunken“ nannte er schlicht und einfach Rileys Knicks. „Physisch, aggressiv. Jeden Wurf bekämpfen. Auf den Arm, wann immer du dribbelst oder einen Paß spielst. Begeh bei jedem Spielzug ein Foul und schau, ob du damit durchkommst. Diese Dinge lehrt Pat“, erläutert Jackson die Riley-Schule, sagt aber, daß er im letzten Jahr mit seinem Konkurrenten „Frieden geschlossen“ habe.
Dieser könnte sich schnell als brüchig erweisen. „Glaube im Herzen und Hoffnung im Sinn“ hat Pat Riley als Devise für die Spiele gegen Chicago ausgegeben. Man kann davon ausgehen, daß ein paar Grobheiten auch dabeisein dürfen. Matti Lieske
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