Unterm Strich

Das Konzept, Kunst und Sponsoring zu vereinen, wird noch immer skeptisch beäugt. Mitunter zu Recht, wie im obigen Artikel zu den Aktivitäten von Mercedes-Benz. Nun hat sich auch die Deutsche Bahn einen Fauxpas geleistet – ausgerechnet im Vormonat der anstehenden documenta X, bei der die Bahn vor allem als Förderer des Filmprogramms auftritt. Alles begann in Stuttgart: Dort waren im April die in Berlin lebenden Künstler Florian Mutschler und Oder Reifenberg eingeladen worden, um auf dem Hauptbahnhof eine Ausstellung einzurichten.

Mutschler installierte eine Klangskulptur, die aus verschiedenen Winkeln der Durchgangshalle Weltmusik, mit O-Tönen aus dem Reiseverkehr vermischt, ausstrahlte; Reifenberg setzte eine Buchstabenfolge aus collagiertem Bild- und Werbematerial zusammen, aus der sich die Wörter „Räder müssen rollen...“ ergab. Das Ganze wurde zur Eröffnung im April noch als Beispiel einer gekonnt mit der Historie operierenden Installation gelobt, die auf ortsspezifische Eigenheiten eingehe. Dann aber wurde die Ausstellung zwei Tage vor der Finissage Anfang Mai abgebaut – weil die Bahn in der Halle ungestört eine kleine Feier abhalten wollte. Die Künstler sind nun einigermaßen erstaunt über den plötzlichen Sinneswandel: Benutzt die Deutsche Bahn ihre Schirmherrschaft als Sponsor der Kunst nur als Aushängeschild, während man intern doch lieber ungestört am Buffet schlemmt? Da wird sich bis zur documenta noch einiges klären müssen...

100 Jahre schwul, auch in Bayern: Mit ihrer Hymne „Love is our message, music is the key“ haben über 1.300 homosexuelle SängerInnen am Pfingstwochenende in München die Menschen begeistert. Das 9. europäische Chorfestival der Schwulen und Lesben, „Various Voices“, jedenfalls verzeichnete dieses Jahr einen Publikumsrekord. Insgesamt kamen 54 schwule und lesbische Chöre aus zehn Nationen nach München. Das SängerInnen-Treffen wurde zum Großteil aus den Startgebühren der TeilnehmerInnen finanziert. Für „Various Voices“- Sprecher Oliver Loch war es trotzdem ein Gewinn: „Es unterstützt unser Selbstbewußtsein und ist gleichzeitig Ausdruck davon.“ Die Chöre treffen sich seit 1985 alle zwei Jahre in einer europäischen Stadt. 1999 ist Wien Schauplatz des Spektakels.