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„Eine Art von Folter“ im Knast

■ In Bremen befaßt sich der Untersuchungsausschuß mit schweren Vorwürfen gegen mehrere Vollzugsbeamte

Bremen (taz) – Als der Justizvollzugsbeamte am 28. Februar dieses Jahres gegen 19.45 Uhr die schwere Eisentür der Beruhigungszelle im Keller der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen öffnete, kam für den Häftling jede Hilfe zu spät.

Der 28jährige hatte sich mit den Streifen seines Schlafanzuges an einer geöffneten Essensklappe erhängt. Der Selbstmord hätte verhindert werden können: Fünf Stunden vor dem Suizid hatte der Drogenabhängige versucht, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Anstatt, wie es das Strafvollzugsgesetz vorsieht, einen Arzt oder Psychologen zu informieren, steckten die Beamten den Mann in die festerlose Zelle im Keller des Knastes. Die geöffnete Essensklappe hätte laut Vorschrift geschlossen sein müssen und machte den Selbstmord nach Ermittlungen der Kripo überhaupt erst möglich. Zudem hätten die Beamten es versäumt, stündlich nach ihm zu sehen.

Der Selbstmord des Mannes gehört zu den jüngsten Vorfällen in der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen, die jetzt im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses beleuchtet werden sollen. Das hat Bremische Bürgerschaft gestern einstimmig beschlossen. Monatelang hatte die JVA Oslebshausen für Schlagzeilen gesorgt: Die Staatsanwaltschaft ermittelt zur Zeit gegen mindestens zehn Beamte der JVA und andere wegen Körperverletzung im Amt, fahrlässiger Tötung und unterlassener Hilfeleistung. Die Kripo spricht in einem Abschlußbericht an die Staatsanwaltschaft von einer „Art von Folter“. Die Beamten hätten den Häfltingen die „Haare ausgerissen“, sie mit Tritten in die Nieren malträtiert, am „Kehlkopf gepackt und gewürgt und ihnen „Verletzungen am Auge“ zugefügt. Ausländische Häftlinge und Sexualstraftäter hätten unter der Schicht 2 der Untersuchungshaft besonders zu leiden gehabt, so die Kripo. Im September wurden vier Sexualstraftäter von ihren Mithäfltingen in der Dusche krankenhausreif geschlagen. Angeblich soll eine Beamtin die Gefangenen angestiftet und die Tür zur Dusche aufgeschlossen haben.

Drei Monate später wurde der Türke Hakki B. laut Ermittlungen von Beamten solange mit Schlägen traktiert, daß er bewußtlos zusammenbrach. Wenige Wochen später brachen vier Häftlinge aus der JVA aus. Einem Knacki gelang sogar der Einbruch in die JVA: Er hatte Drogen in seinem Spind vergessen. Anstaltsleiter Hans-Henning Hoff nahm wegen der Vorfälle seinen Hut, Justizstaatsrat Michael Göbel trat zurück. Die Opposition in der Bremischen Bürgerschaft von Grünen und AfB (Wählerinitiative Arbeit für Bremen) forderte den Rücktritt von Justizsenator und Bürgermeister Henning Scherf (SPD). Scherf weigert sich allerdings. Er habe nur die „Rahmenverantwortung“, winkte der Senator ab.

Als die Große Koalition Scherf Anfang des Monats in seinem Amt bestätigte, entschloß sich die Oppostion, einen Untersuchungsausschuß zu fordern. Nachdem das Justizressort monatelang nicht in der Lage gewesen sei, die Mißstände aufzuklären, sei jetzt das Parlament gefragt, begründete Helga Trüpel, Fraktionssprecherin der Grünen, gestern den Antrag nach dem Untersuchungsausschuß. Kerstin Schneider

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