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Frühjahrsputz auf der Alster

■ Mit Keschern schippern HamburgerInnen über die Alster und sammeln Plastikmüll

Allzu seefest ist der gemeine Hamburger wohl kaum. Kai-Herrmann etwa. Forschen Schrittes enterte der junge Mann gestern den Landungssteg am Fährdamm. Großes hatte er sich vorgenommen: Immerhin hatten „De Fleetenkieker“zum Frühjahrsputz auf der Alster aufgerufen. Zwanzig Boote lagen bereit. Doch kaum hatte Kai-Herrmann seinen Fuß in eine der Kunststoffschalen gesetzt, da wurde ihm flau. „Uh, nee! Das kippelt mir zu sehr“, quiekte er, warf alle guten Vorsätze über Bord und sprang zurück an Land.

„Putzen muß Spaß machen“, hatte der Schirmherr des Frühjahrsputzes, Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD), kurz zuvor noch verkündet. Die Alster habe zwar vor zwei Jahren endlich wieder Badewasserqualität erreicht, doch Plastiktüten und Verpackungsreste machten all dies wieder zunichte: 2.500 Kubikmeter Müll werden immer noch alljährlich aus dem See geschöpft, und das ist längst nicht aller Unrat. Grund genug für den Verein „De Fleetenkieker“, sich, ganz nach historischem Vorbild, der Hamburger Fleete und Kanäle anzunehmen.

In Galoschen, die ihm bis zu den Pobacken reichen, stapft Fleetenkieker Rudolf Carstens an der Seite des Senators. Vor drei Jahren gründete er den Verein für Umwelt- und Gewässerschutz. Stolz verweist der 75jährige auf die beiden Holzkähne, die den Fleetenkiekern inzwischen gestiftet wurden. Jugendgruppen und Schulklassen bietet der Verein darin Erlebnisunterricht in Sachen Umwelterziehung an.

Am Boossteg kämpft Lisa derweil mit dem Anlegemanöver. „Viel haben wir nicht gefunden“, sagt die junge Schwäbin. Gut drei Stunden ist sie mit zwei Freundinnen über die Alster gerudert, ausgerüstet mit zwei kleinen Keschern und einem Müllsack. „Ganz schön windig war's und naß“, bemerkt eine Freundin und deutet auf die alster-besprühte Jacke. Ein paar Einkaufstüten und einige Bierdosen finden sich in ihrem Sack. Die trieben an der Uferböschung.

Umweltsenator Vahrenholt verschmäht die kippeligen Kunststoffschalen. Zusammen mit Kamerateams und Fotografen besteigt er lieber ein hölzern-rustikales Motorboot. Ausgestattet mit weißen Arbeitshandschuhen und einem Kescher postiert sich der Senator im Bug.

Doch von Müll keine Spur. Erst als die „Alsteropsicht“in Sichtweite kreuzt, schwimmen plötzlich in deren Fahrwasser zwei Flaschen und eine Tüte. Der Senator holt mit dem Kescher aus, die Kameras klicken. Der Frühjahrsputz ist gerettet. flo

De Fleetenkieker, c/o Rudolf Carstens

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