: Der Falsche für dieses Konzept
■ Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Schwarz-Schilling kritisiert den deutschen Umgang mit bosnischen Flüchtlingen
Etwa 300.000 bosnische Flüchtlinge leben derzeit noch in Deutschland. Sie sollen möglichst freiwillig nach Bosnien zurückkehren. Seit gestern beraten die Länderinnenminister über dieses Problem. In der Diskussion ist ein Beauftragter der Bundesregierung, der vor Ort die Rückkehr koordinieren soll. Christian Schwarz-Schillig (CDU) hat sich innerhalb seiner Partei immer für eine humane Rückkehr der BosnierInnen in ihre Heimat eingesetzt. Er selbst würde den Posten jedoch unter derzeitigen politischen Bedingungen nicht übernehmen.
taz: Der Bundesaußenminister, Klaus Kinkel, hat behauptet, er habe niemanden gefunden, der das Amt des Rückführungsbeauftragten für bosnische Flüchtlinge mit Sitz in Sarajevo ausüben wolle. Hat er auch an Sie gedacht?
Schwarz-Schilling: Herr Kinkel hat mit mir darüber gesprochen. Und ich habe nicht abgesagt.
Wie ist es dann zu der Äußerung Kinkels gekommen? Schließlich gelten Sie über die Parteigrenzen hinweg als ein integrer Experte?
Herr Kinkel war der Meinung, ich sollte es machen. Aber der Widerstand einiger Innenminister und auch des Bundesinnenministers ist zu groß. Ich wäre zu diesem Amt nur dann bereit gewesen, wenn man sich auf Kriterien geeinigt hätte, die eine vernünftige Lösung in Übereinstimmung mit dem UNHCR und der bosnischen Seite ermöglichen.
Und zu einer „vernünftigen Lösung“ sind die Innenminister nicht bereit?
Die Innenminister wollen mehrheitlich ihre Verantwortung für die Flüchtlinge nur bis zum Flughafen von Sarajevo sehen und nicht weiter. Es kommt ihnen in erster Linie darauf an, die Leute schnell und reibungslos zurückzubekommen, möglichst freiwillig, aber wenn das nicht geht, eben mit Zwang. Für ein falsches Konzept bin ich nicht der richtige Mann. Meine Berufung hätte so zu einem Eklat geführt.
Die Bundesregierung hat darauf verzichtet, den Deutschen Michael Steiner als Nachfolger des scheidenden Bosnienbeauftragten der EU, Carl Bildt, zu präsentieren. Ist auch Steiner, ebenso wie Sie, für die Bundesregierung zu unbequem?
Ich möchte da keinen Zusammenhang herstellen. Ich halte es jedenfalls für sehr traurig, daß Steiner nicht von der Bundesregierung unterstützt wird. Auch die Amerikaner haben ihn als den Kandidaten Nummer eins bezeichnet. Er hat bewiesen, daß er der Motor der Entwicklungen im Sinne des Dayton-Vertrages ist.
Die Bundesregierung befürchtet, daß der Dayton-Vertrag schiefgeht und möchte daher nicht, daß so eine entscheidene Stelle wie die des Bosnienbeauftragten von einem Deutschen besetzt wird. Halten Sie das für plausibel?
Das wäre ein kurzsichtiges Argument. Deutschland ist ein wichtiger Partner in der Welt. Wir werden ohnehin zur Verantwortung gerufen, wenn es brennt. Interview: Markus Franz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen