■ Der Ratgeber: Überleben in der Firma
1.: Geben Sie anderen das Gefühl, unentbehrlich zu sein. Dann sind Sie selbst unentbehrlich. Auch ihre zwanzigste interessierte Nachfrage zum Spezialgebiet eines Kollegen wird diesen nicht nerven, sondern ihm schmeicheln.
2.: Übernehmen Sie unangenehme Routine-Aufgaben, die andere nicht machen wollen, zum Beispiel Organisation, Dienstpläne und Korrespondenzen. Dann werden sie überraschend ein paar Tage krank, und alles bricht zusammen. Niemand wird jemals mehr an ihrer Bedeutung für den Betrieb zweifeln.
3.: Horten Sie unauffällig wichtige Informationen. Auch wenn Sie schon seit längerem wissen, daß das neue Computersystem ein paar Jobs in ihrem Laden überflüssig machen wird, geben sie diese Information nur unter vier Augen einzeln an die Kollegen ab. Jeder wird Sie für eingeweiht und mächtig halten.
4.: Gestehen Sie – aber bitte nur selten! – auch mal einen vermeintlich kleinen Fehler ein. Das lenkt von ihren großen Fehlern ab und macht Sie gleichzeitig menschlich. Angebracht ist ein Ton bescheidener Aufrichtigkeit: Betonen Sie, wieviel Sie aus dem Fehler gelernt haben und daß auch andere ja vielleicht etwas daraus lernen können. Also etwa: „Daß mein junger Assistent die Unterlagen noch nicht rausgeschickt hat, ist vielleicht auch meine Schuld. Ich hab dummerweise nicht darauf geachtet, daß man Nachwuchskräfte vielleicht doch noch etwas mehr anleiten muß.“
5.: Wenn Sie aber wirklich Mist bauen, delegieren Sie die Fehler. Können Sie als Projektleiter den Auftrag nicht termingerecht fertigstellen, beauftragen Sie einen Untergebenen mit einer zeitraubenden Zusatzrecherche. Schon haben Sie die künftige Ausrede für den überzogenen Termin.
6.: Machen Sie Komplimente! Etwa so: „Sie haben mir mit ihren Vorschlägen aus der Seele gesprochen! Aber ich hätte es niemals so gut ausdrücken können!“ Immer Komplimente von Dritten an die Betroffenen weitergeben, also zum Beispiel: „XY traut es sich zwar nicht, es offen zu sagen, aber in Wirklichkeit hält er/ sie dich für unheimlich begabt.“
7.: Sie können auch die fiesere Tour der Scheinkomplimente wählen, angebracht in härteren Unternehmensumfeldern mit Dauer-Mobbing. Beispiel: „Ich persönlich mag Sie ja und halte Sie für sehr begabt. Ich weiß gar nicht, was die anderen alle haben!“ Oder: „Gerhard hat wirklich brillante Ideen. Zu dumm, daß er immer soviel kiffen muß.“
8.: Verschaffen Sie sich nicht nur einen, sondern zwei Mentoren. Die doppelte Mentorenschaft schützt Sie, wenn Sie unter Beschuß geraten. Wie Sie sich bei Vorgesetzten einschleimen, siehe oben.
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