piwik no script img

Vereint gegen häusliche Gewalt

■ „Initiative gegen Gewalt gegen Frauen“ kämpft für besseren Schutz der Opfer

Die Berliner VertreterInnen gegen häusliche Gewalt blickten am Montag neidisch auf die amerikanische Provinzstadt Duluth. Denn dort – dies zeigte ein Vortrag der amerikanischen Frauenrechtlerin Ellen Pence im Rathhaus Schöneberg – ist man Berlin rund zwanzig Jahre voraus. Eine enge Zusammenarbeit von Polizei, Justiz und Frauenaktivistinnen hat zu einer deutlichen Abnahme von Angriffen auf Frauen geführt.

„In Berlin sind wir leider noch nicht soweit“, beklagt Ines Meyer, Mitarbeiterin der vor zwei Jahren gegründeten „Berliner Initiative gegen Gewalt gegen Frauen“ (BIG), die in Anlehnung an das Projekt in Duluth arbeitet. „Ziel ist es vor allem“, faßt Ines Meyer zusammen, „die Opfer besser zu schützen.“ BIG hat dazu ein bisher in Deutschland einzigartiges Projekt entwickelt: VertreterInnen von Polizei, Justiz und Anti-Gewalt-Projekten bemühen sich an einem runden Tisch um eine Bestandsaufnahme. Derzeit werden Umfragen ausgewertet, die bei Polizei und Justiz durchgeführt wurden. In sieben Arbeitsgruppen planen MitarbeiterInnen von Senat, Justiz und Frauenhäusern, wie sie ihre Zusammenarbeit effektiver gestalten können.

Erster konkreter Erfolg von BIG ist die Einrichtung eines Spezialdezernats zur Verfolgung häuslicher Straftaten im vergangenen September. In den ersten vier Monaten wurden bereits 1.400 Fälle bearbeitet. „Davon kommt es allerdings nur in einem Drittel der Fälle zur Anklage“, bedauert Ines Meyer. Zudem kämen die Täter meist mit einer Geldstrafe davon.

Um dies künftig zu ändern, müßten nach Ansicht von BIG oftmals nur die geltenden Gesetze strikter ausgelegt werden. Denn bisher gibt es zwar Gesetze wie das Recht auf Wohnungszuweisung, das es Ehefrauen erlaubt, in der gemeinsamen Wohnung zu bleiben, während der Mann ausziehen muß. Doch meist, so kritisiert auch eine Diplompädagogin vom 4. Autonomen Frauenhaus, sei es umgekehrt: „Der Mann bleibt, die Frau mit den Kindern muß sich was Neues suchen.“ Das liege daran, daß Gewalt gegen Frauen oft nicht richtig erkannt werde. Um den großen Ermessensspielraum der RichterInnen richtig auszuschöpfen, will BIG im kommenden Jahr Fortbildungskurse anbieten.

Bereits jetzt gibt es solche Kurse für PolizistInnen, damit diese vor Ort sensibler mit den Opfern umgehen. „Manche müssen noch lernen, daß es kein normaler Ehestreit ist, wenn ein Mann eine Frau schlägt“, sagt Ines Meyer von BIG. „Daher wollen wir jetzt vor allem das Bewußtsein in den Verwaltungen und der öffentlichkeit verändern.“ Gudula Hörr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen