piwik no script img

Von keltischen Western und Walisern in Rußland

■ „Celfyddydo Gymru“oder wie oder was: Im Kino 46 findet ab heute abend ein walisisches Kulturfest mit Film, Musik & Co statt

Als vor einigen Jahren die irischen Kulturtage „Beyond The Green Fields“im Medienzentrum Walle mehr Zuschauerresonanz hatten als das am gleichen Ort veranstaltete „Filmfest Bremen“, zogen die Organisatoren vom Kino 46 daraus die Konsequenz, ließen das Filmfestivalchen sang- und klanglos eingehen und konzentrierten sich dafür stärker auf thematische Schwerpunkte. Langsam arbeiten sie sich nun durch die europäischen Regionen und Kulturen, und an dem Titel „Celfyddydo Gymru – The Celtic Fringe: Wales“wird schon deutlich, daß man mit seinen Englischkenntnissen diesmal nicht so weit kommt wie damals bei den guiness-seligen Poeten von der grünen Insel.

Fast alle Filme des Programms werden in den walisischen Fassungen mit englischen Untertiteln gezeigt, und wenn die Schauspieler tatsächlich mal einen Film lang englisch sprechen wie etwa in „Twin Town“, der vor einigen Wochen in der Schauburg gezeigt wurde und hier in der Originalfassung vorgestellt wird (13. Juni, 23 Uhr), dann ist der gesprochene Dialekt so breit, daß auch hier englische Untertitel sehr hilfreich wären. Vor einigen Jahren wäre solch eine Reihe noch unmöglich gewesen, weil es so gut wie keine Filme aus dieser Ecke Britanniens gab. Aber seit einiger Zeit produziert der Fernsehsender S4C, der speziell für ein walisisch sprechenden Publikum konzipiert wurde, eine überraschend vielseitige Reihe von Filmen, und so kann das Kino 46 vom 12. bis zum 16. Juni insgesammt acht neue Spielfilme und drei Kurzfilme aus Wales präsentieren.

Sehr kurios ist zum Beispiel „Y Fargen“(14. Juni, 20.30 Uhr u. 16. Juni, 18.30 Uhr), ein „keltischer Western“über einen abenteuerlichen Viehtreck durch die überwältigend fotografierte walisische Landschaft. Der historische Spielfilm „Hedd Wyn“(15. Juni, 20.30 Uhr. u. 17. Juni, 18.30 Uhr) erzählt vom Leben des bekanntesten walisischen Dichters Ellis Evans zu den Zeiten des ersten Weltkriegs, und „Bydd Yn Wrol“(15. Juni, 18.30 Uhr) ist eine moderne Komödie über den gemeinsamen Kampf von Rentnern und Jugendlichen gegen korrupte Lokalpolitiker. „Branwen“(14. Juni, 18.30 Uhr u. 16. Juni, 20.30 Uhr) spielt sowohl in Wales als auch in Nordirland und aktualisiert den uralten Mythos von einer walisischen Königstochter, die einen irischen König heiratet, zur Geschichte einer Kämpferin gegen die kolonialistischen Engländer. Wie das amerikanische Kino die walisische Idylle als Filmkulisse nutzt, kann man (in der deutsch synchronisierten Fassung) bei dem Adoptionsdrama „Probezeit“(14. Juni, 16 Uhr u. 15. Juni, 16 Uhr) sehen, in dem William Hurt den Postmann einer Kleinstadt spielt.

Der einzige walisische Regisseur, der in den letzten Jahren regelmäßig Filme fertigstellen und sich so langsam mit seinem Stil einen Namen machen konnte, ist Endaf Emlyn. Von ihm werden zwei Filme gezeigt: „Leaving Lenin“(12. Juni, 18.30 Uhr u. 14. Juni, 23 Uhr) ist eine Tragikomödie über eine mißglückte Schülerreise nach Rußland, die seltsamerweise komplett mit walisisch sprechenden Akteuren in Petersburg gedreht wurde. „The Making of Maps“(12. Juni, 20.30 Uhr u. 15. Juni, 14 Uhr) ist das einfühlsame Portrait eines vierzehnjährigen Jungen, der in der Zeit der Kuba-Krise Angst vor dem Ende der Welt hat, und sein Überleben vorbereitet, indem er alles, was er kennt, in Landkarten einzeichnet.

Neben den Filmen gibt es am 13. Juni ab 20 Uhr eine Dichterlesung mit Musikbegleitung, bei der die beiden Lyrikerinnen Gillian Clarke und Gwyneth Lewis ihre walisische Poesie hoffentlich zumindest zum Teil auch in Englisch vortragen, und bei der die Gruppe „Aberjaba“neben Harfe, Dudelsack und Flöten auch das Cello erklingen lassen. Am 15. Juni ab 12 Uhr sendet Radio Bremen ein Feature zur Bergarbeiterkrise in Wales „live“aus dem Kinosaal, und an den Wänden des Medienzentrums werden die Fotografien von 24 verschiedenen Walisern namens Keith Morris hängen. Dieser Name ist dort nämlich so häufig wie Uwe Müller in Deutschland, und der Fotograf Keith Morris hatte die ebenso schöne wie simple Idee, einfach möglichst viele von seinen Namensvettern zu portraitieren.

Wilfried Hippen

Walisisches Kulturfest vom 12. bis 16. Juni im Kino 46

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen