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„Palast der Republik Hamburg“

■ Uni-Flügelbauten: Hamburgs Architekten laufen Sturm gegen die Schenkung / Rücktritt von Oberbaudirektor Kossak gefordert Von Till Briegleb

Dem Bund Deutscher Architekten reicht's: Der Hamburger Immobilienkaufmann Helmut Greve, der Hamburgs Universität im vorigen Jahr zwei Flügelbauten für das Hauptgebäude in der Edmund-Siemers-Allee schenkte, will sein Präsent auch vollständig in seiner eigenen Firma planen. Kein demokratisches Verfahren, findet der Hamburger BDA-Vorstand, und antichambrierte ein Jahr lang bei allen Beteiligten – erfolglos. Gestern gingen Hamburgs Architekten an die Öffentlichkeit.

Denn nicht nur der Schreck über die bisher veröffentlichten Entwürfe, die der BDA-Vorstand unter Leitung von Sven Silcher als „Palast der Republik Hamburg in Zwillingsausführung“ bezeichnet, hat die Aktivität motiviert. Insbesondere die Weigerung Greves, einem öffentlichen Bau „in der guten Stube Hamburgs“ (Silcher) auch einen architektonischen Wettbewerb angedeihen zu lassen, empört die Architektenschaft.

„Scheinbar ist die Stadt“, so Vorstandsmitglied Günter Wilkens auch mit Blick auf den Neubau der Umweltbehörde, „nicht mehr fähig, qualitätvolle Architektur herzustellen.“ Falls man, so Wilkens, die Planung weiter „in den Nebel zerrt und irgendwann steht ein Haus da“, sei es sogar an der Zeit, den Rücktritt von Oberbaudirektor Egbert Kossak zu fordern, der hier hätte einschreiten müssen.

Kossak – wie alle anderen Angesprochen – reagierte mit dem zu erwartenden Unverständnis auf diesen Vorstoß. Der Ruf nach einem Architekturwettbewerb, so der einhellige Kommentar von Unipräsident Lüthje, Wissenschaftssenator Hajen und von Kossak, käme ein Jahr zu spät. Außerdem habe Greve der Universität nicht Geld, sondern ein Gebäude geschenkt, weswegen man die Bedingungen der Stiftung akzeptieren müsse.

Jetzt solle man sich mit Kritik bis zur Überarbeitung des ersten Entwurfs in zwei Monaten zurückhalten. Dessen Raumprogramm und Struktur findet, so Lüthje vorab, „die volle Zustimmung der Universität“. Die Überarbeitung geschehe außerdem im „intensiven und kooperativen Kontakt“ zwischen Kossak, Lüthje und Greve.

Sowohl der Senator als auch der Uni-Präsident betonen zudem die angebliche Qualität des Entwurfs: „Der Verzicht auf einen Wettbewerb muß nicht der Verzicht auf Qualität sein. In diesem Fall ist er ein Votum für eine zügige Abwicklung zum Wohle der gesamten Universität“, so Hajen.

Greve selbst sei, so teilte sein Vorzimmer gestern mit, „sehr enttäuscht“ über die Kritik an seinem 60 bis 70 Millionen Mark teuren Geschenk. Mäzene, so bemängelte er, würden in Hamburg „keine faire Behandlung“ erfahren. Eine Rücknahme des Geschenkes ist aber nicht zu erwarten. Baubeginn soll im Frühjahr 1996 sein.

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