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■ Pro & ContraZensur statt Barbarei?

Nein, wie unzivilisiert! Da kündigen linke Gruppen an, eine Lesung von Wiglaf Droste zu verhindern, weil sie dessen herbmännliche Kraftmeierei als diskriminierend empfinden, und schon wird der Rückfall in die Barbarei gewittert. Muß er doch dürfen, unser Wiglaf: Ein bißchen gegen emanzipatives Denken provozieren, ein bißchen Satire machen über Frauen, die sich gegen sexuellen Mißbrauch wehren, ein paar linke Denkverbote aufbrechen: Freiheit der Kunst! Keine Zensur!

Daß die provokativen Späßchen und sexistischen Ausfälle des Herrn Droste für manche Frauen so unerträglich sind, daß sie wenig Lust verspüren, mit diesem Verbal-Macker zu diskutieren, mag manchen kulturbeflissenen Herren, die sexuelle Unterdrückung am eigenen Leibe nie erlebt, sexuelle Diskriminierung nie erfahren haben, fremd sein. Auch daß das „roll-back“ gegen feministische Positionen, für das auch Droste steht, von Frauen als bedrohlich empfunden wird, mag mancher Mann nicht nachvollziehen können.

Über den Sinn, Lesungen zu verhindern, läßt sich streiten. Fest aber steht: Die Barberei droht nicht, wenn Menschen, die anders als Droste keinen Zugang zu Mikrofonen und Medien haben, dafür sorgen, daß Künstler, die sie als Sexisten wahrnehmen, nicht ungehindert zu Wort kommen. Die droht, wenn Rassismus und Sexismus noch mehr Raum greifen und auch unter selbsternannten Linken allmählich hoffähig werden.

Marco Carini

Bericht Seite 22

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