■ SURFBRETT
: Das geheime Internetgesetz

Es war Freitag, der Dreizehnte. Der Deutsche Bundestag hätte gar nicht zusammentreten dürfen, an einem solchen Tag kann nichts Gutes dabei herauskommen. Nur ist der Bundestag nicht abergläubisch. Er hat sich deshalb letzte Woche an ebenjenem fatalen Freitag versammelt und gleich ein Gesetz beschlossen, das nach einhelliger Meinung aller Fraktionen von allergrößter Bedeutung für die Zukunft Deutschlands ist.

Leider hört den Reden niemand mehr zu. Über das Informations- und Telekommunikationsdienstegesetz ist das an dieser Stelle mehrfach berichtet worden. Es ist trotzdem ein Geheimgesetz geblieben, ein Sammelsurium von Einzelparagraphen, die alles mögliche regeln, was vielleicht geregelt werden muß, vielleicht aber auch nicht. Selbst im Kanzleramt weiß die zuständige Abteilung nicht mehr, wofür sie nötig waren. Sie hinken der Technik um Netzjahre hinterher.

Die Nachricht des Wochenendes lautet denn auch nicht, daß dieses Gesetz bei Enthaltung der SPD und gegen die Stimmen der Grünen und der PDS im Bundestag verabschiedet worden ist, sondern daß das niemanden mehr interessiert. Nicht einmal die Newsgroup „de.soc.zensur“ mochte sich zu einem Kommentar aufraffen, und eine Presseerklärung des SPD- Abgeordneten Jörg Tauss erntete in der Newsgroup „de.soc.netzwesen“ nur eine genervte Antwort, daß man bitte über Fakten und Folgen informiert werden möchte und nicht darüber, daß Forschungsminister Jürgen Rüttgers ein „Fortschrittsverhinderer“ sei, wie der Sozialdemokrat meint.

Aber im Netz sind weder Fakten noch Folgen aufspürbar. Die Website des gescholtenen Christdemokraten Rüttgers (www.bundesregierung.de/inland/ ministerien/bmbf_rahmen.html) kommt inzwischen mit einem Java-Applet daher. Was es bewirkt, ist unklar, nirgendwo ist ein Hinweis auf den nun geltenden Wortlaut des Internetgesetzes zu entdecken. Noch die Beratung im Bundesrat steht bevor, und um dafür gewappnet zu sein, wäre die Kenntnis des Textes hilfreich. Aber das Internetgesetz scheint das Internet nichts anzugehen. Es ist die gedruckte Presse, die möglicherweise Wissenswertes berichtet hat, wenn auch nur auf den hinteren Seiten: Der Innenminister bekommt wohl doch keinen Zweitschlüssel für die elektronischen Briefkästen, die Provider sind nicht mehr für jeden Mist verantwortlich, der über ihre Rechner läuft. Wenn das zutrifft, wäre eine kleine Siegesfeier fällig gewesen. Nur war es eben Freitag, der Dreizehnte. niklaus@taz.de