■ Gehen Sie heute auch krank zur Arbeit?
: Bei leichtem Husten ja, sonst weiterschuften

Dieter Haas, 43 Jahre, Bauingenieur

Früher wäre ich vielleicht öfter mal zu Hause geblieben, aber jetzt gehe ich auch oft krank zur Arbeit. Wir haben halt in unserer Abteilung soviel zu tun. In der freien Industrie laufen nunmal die Projekte, und die Arbeit muß gemacht werden. Im öffentlichen Dienst ist das ja anders, da wird öfter krankgefeiert. Da heißt es dann: Was dieses Jahr nicht gemacht wird, machen wir eben nächstes Jahr.

Barbara Iancu, 41 Jahre, Steuersekretärin

Auf keinen Fall gehe ich krank zur Arbeit. Mit leichtem Husten natürlich, aber sonst nicht. Sonst stecke ich auch die Kollegen an, und was ist dann? Dann ist die ganze Abteilung krank. Ich bin Beamtin, und bei uns ist es so, daß man sich vom ersten Tag an krank melden muß. Das ist natürlich von Nachteil, weil die Leute, die dann zum Arzt gehen, sich gleich richtig krankschreiben lassen.

Klaus Schwarzer, 36 Jahre, Versicherungsagent

Da ich selbständig bin, ja. Sonst bleibt halt die Arbeit liegen. Die Lage für Selbständige in Berlin ist halt nicht leicht, der Konkurrenzkampf ist riesig. Man hat nur eine Chance, am Leben zu bleiben, wenn man auch mal Krankheiten wegsteckt. Viele opfern ihre Familien, damit es weitergeht. Wenn man in diesem Trott drin sind, dann gibt's nur eines: entweder weitermachen oder pleite gehen.

Jeannette Friedrich, 28, Versicherungsangestellte

Ich gehe arbeiten, wenn ich krank bin, schon immer. Wenn es was Ansteckendes ist, natürlich nicht. Ansonsten geht man halt auch mit Fieber arbeiten. Das ist normal, denke ich. Vielleicht hat man einfach zuviel Angst in der heutigen Zeit um seinen Arbeitsplatz. Überall wird rationalisiert, und dann picken sie sich natürlich irgendwann die schwarzen Schafe raus.

Jürgen Kreszko, 47 Jahre, Kraftfahrer

Sicher gehe ich krank zur Arbeit, wenn ich Schnupfen habe oder mal heiser bin. Nur wenn ich mich richtig krank fühle, dann bleibe ich auch zu Hause. Allerdings hat sich meine Einstellung gegenüber jungen Jahren geändert, wo man schon mal gesagt hat, man nimmt seinen Krankenschein. Das ist schon seit längerem nicht mehr der Fall, das Bewußstein ist heute anders, besonders bei älteren Kollegen.

Name ist der Redaktion bekannt, 39 Jahre, Seminarorganisatorin

Ich gehe auch todkrank zur Arbeit. Erstens, weil mir meine Arbeit viel Spaß macht. Und zweitens, weil ich freiberuflich arbeite und jeder kranke Tag ein tiefes Loch in meinen Haushalt reißt. Das ist wohl auch eine allgemeine Tendenz. Weil immer weniger Leute mehr verantwortliche Aufgaben zugeschoben bekommen und die einfach wissen: Wenn sie nicht da sind, bricht das absolute Chaos aus.

Umfrage: Gudula Hörr

Fotos: Nino Rezende