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Herr Hefele in WimbledonFred Perry hat's gut

■ Die Rettung: Mit Linienrichtern aus Neuguinea dem Dauerregen trotzen

Fred Perry hat's gut. Obwohl er Tag für Tag vor dem Center- Court in Wimbledon den Schläger schwingen muß, kann ihm der rekordverdächtig strömende Regen nichts anhaben. Fred Perry ist nämlich schon länger tot und nur eine Statue aus Gußeisen. Nicht wenige der unter all den Regendächern und Capes an ihm Vorbeieilenden werfen ihm einen neidischen Seitenblick zu: Wie das alles an dem abprallt.

Für eine etwas dickere Haut wären wohl auch die Offiziellen dankbar, denn so langsam wird die Situation prekär.

Herr Hefele rät: Betoniert den Rasen und malt ihn grün an!

Alan Mills, der Ober-Referee von Wimbledon, schaute zum Himmel hoch: Auch für die nächsten vier Tage sieht die Wettervorhersage schlecht aus. Nachdem am Mittwoch abend auf manchen Courts immerhin noch vier Minuten gespielt worden waren, hatte der Donnerstag komplett abgesagt werden müssen. Bis gestern waren 96 Matches gespielt. 120 bis 140 Matches Rückstand, sagt Mills.

Tatsächlich handelt es sich um den nassesten Juni seit 1987. Was nun? Eigentlich nimmt man sich im Notfall den morgigen Sonntag, um die fehlenden Matches nachzuholen. Das bedeutet aber erst mal einen riesigen organisatorischen Aufwand. Tickets müssen gedruckt und verkauft werden, die Stadtverwaltung muß ihren Segen geben, das Personal muß rekrutiert und eingeteilt werden und und und.

Und wenn es am Sonntag auch regnet? Alles für die Katz. Vom Zeitplan der Spiele ganz zu schweigen. Mills: Die Doppel haben wir schon auf drei Sätze gekürzt, zur Not müssen wir das auch mit den Einzeln der Männer machen.

– O no!

Best of three in Wimbledon!

Was blüht denn da den Frauen? Ein langer Satz, oder gleich bloß Tie-Break, oder Tischtennis, als Ersatz. Man wagt es gar nicht zu Ende zu denken.

Da könnte man ja gleich ... zum Beispiel Dächer über die Courts machen und (heiser flüsternd) den Rasen abmähen und schön mit Beton ausgießen und grün anmalen.

(Wieder laut) Ist natürlich nur Spaß, aber im Ernst: Was passiert, wenn es regnet und regnet, bis – sagen wir – Mittwoch nächster Woche? Am Dienstag darauf ist unwiderrufliche Deadline, denn die Spieler haben zum größten Teil schon wieder neue Verpflichtungen.

Nun könnte man sagen: Na, wenn schon. Soll eben ein jeder seiner Wege gehen.

Nein! Das Turnier muß gespielt werden. Wimbledon muß einen Sieger haben; sonst würde nicht nur der alte Fred Perry in seiner Gruft rotieren wie ein Ventilator. Da gibt's nur eins: das von mir entwickelte Handicaptennis.

Erstens, die Spieler müssen mit dem Schläger und in den Schuhen ihres Gegner spielen. Gut – nicht?

Dann Aufschlag mit dem Rücken zum Netz, das gar kein Netz ist, sondern ein zwei Meter hoher Bretterzaun. Was dahinter passiert, muß man raten.

Die Brillengläser des Hauptschiedsrichters sollten mindestens acht Dioptrien haben, und seine Linesmen/women müssen aus Neuguinea eingeflogen werden und dürfen noch nie ein Tennismatch gesehen haben.

Sollen Sie mal sehen, wie schnell so ein Spiel rum ist. Blödsinn? Schwachsinn? Ausgeburt eines kranken Gehirns? Aha. Na bitte. Wenn Sie es besser können.

Sicher ist: Irgendwas muß passieren, wenn sich das Wetter nicht bessert. Doch was mußte man gestern nachmittag hören? Ein Spielbeginn ist im Moment nicht absehbar. Vielen Dank.

Es regnete wieder. In Strömen. Fast den ganzen Tag lang.

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