: Genossenschaft 2000 – die taz
Genossenschaften sind Zukunft. Die taz hat sich in sechs Jahren Genossenschaft stabilisiert. Jetzt hat sie große Pläne ■ Von taz–Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch
Berlin (taz) – Die taz ist eine Genossenschaft. Das heißt, sie hat fast 4.000 Menschen gefunden, die sich mit ihrem Geld an der geschäftlichen und publizistischen Entwicklung des Unternehmens taz beteiligen. Das heißt auch, sie sucht ständig neue Genossinnen und Genossen, die bereit sind, Geld für die Weiterentwicklung der taz zur Verfügung zu stellen.
In den vergangenen sechs Jahren haben uns die Genossinnen und Genossen geholfen, den ökonomischen Schock des Mauerfalls zu überwinden. Sie haben die taz getragen, als die Berlinsubventionen wegfielen und links und rechts die Zeitungen eingingen. Sie waren die finanzielle Stütze des selbstverwalteten Unternehmens, während die Konzentrationswelle in der Medienlandschaft ungebremst weiterging. Und sie haben der Belegschaft erlaubt, von einen unzumutbar niedrigen Einheitslohn zu immer noch sehr bescheidenen Löhnen zu kommen.
Bislang reichten die Finanzen der Genossenschaft aber nicht, um Investitionen in neue Projekte, in eine deutliche Verbesserung des Produkts und die dazugehörige Vermarktung zu ermöglichen.
Dies soll mit der laufenden Genossenschaftskampagne anders werden. Ab Herbst wird die taz schneller, dicker und besser werden, vorfinanziert mit den Geldern der Genossen. In der Woche mehr Nachrichten, am Samstag eine Beilage, die auch bis zum Sonntagsfrühstück reicht.
Seit Ende des vergangenen Jahres hat die taz-Genossenschaft fast 700.000 Mark an neuem Genossenschaftskapital für diesen Investitionsschritt eingeworben. Für eine weitere und kontinuierliche Verbesserung der Zeitung brauchen wir noch deutlich mehr. Sechs Millionen Mark neues Kapital bis Ende 1999 sind das Ziel.
Gleichzeitig setzen wir darauf, daß die schnellere und bessere taz ab Herbst auch mehr Käuferinnen und Käufer, mehr Abonnentinnen und Abonnenten anzieht und so das eingesetzte Genossenschaftskapital wieder einspielt.
Die Genossenschaft hat sich für die taz in den vergangenen Jahren als wirtschaftlicheres Modell bewährt. Die Genossinnen und Genossen haben jedes Jahr dreiköpfige Aufsichtsräte gewählt, die die Geschäfte des Unternehmens taz kontrolliert haben. Der Aufsichtsrat hat die Wirtschaftspläne genehmigt, die Entwicklung des Unternehmens beobachtet und einen Controller für die Verbesserung der Transparenz im Unternehmen eingesetzt. Die Inhalte hingegen haben die Genossinnen und Genossen und ihr Aufsichtsrat der Redaktion überlassen.
Und die Redaktion hat mit dem Pfund ihrer Unabhängigkeit gewuchert. Sie hat Wirtschaft und Umwelt zum täglichen gemeinsamen Thema gemacht. Sie hat Ausländerhaß und -hetze angeprangert. Sie hat sich in allererster Front für die Menschenrechte eingesetzt, hat Kampagnen für Leben und Sicherheit der Schriftsteller Salman Rushdie und Faradsch Sarkuhi bestritten. Sie hat gemeinsam mit der Schweizer WOZ die deutsche Ausgabe der angesehenen Le Monde Diplomatique auf den Markt gebracht. Und sie ist als erste Redaktion einer überregionalen Tageszeitung ins Internet vorgestoßen, wo die taz mit ihrer kompletten täglichen Ausgabe seit April 1995 präsent ist (http://www.taz.de).
Unsere Genossinnen und Genossen sind beteiligt am geschäftlichen Erfolg (oder Mißerfolg) des Unternehmens taz. Als Genossenschaftler können sie sicher sein, daß kein Großinvestor kommt und in ihrer Zeitung Entscheidungen trifft, die sie nicht beeinflussen können. Als Genossenschaftler wissen sie auch, daß selbst beim großen Crash nur ihre Einlage verloren ist – keine weitere Haftung.
Als Genossenschaftler der taz können sie mit den Verbesserungen im Herbst aber vor allem auf einen größeren wirtschaftlichen Erfolg der taz hoffen. Die taz 2000 soll eine prosperierende, kritische, unabhängige Stimme aus der Hauptstadt sein.
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