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Verhandlungspoker um Atombrennstäbe

■ HEW und PreussenElektra wollen aus der Plutoniumwirtschaft aussteigen Von Marco Carini

Der Poker um den Ausstieg aus der Plutoniumwirtschaft ist in vollem Gange. Erstmals bestätigte jetzt offiziell die PreussenElektra (Preag), die gemeinsam mit den Hamburgischen Electricitätswerken (HEW) die Atommeiler in Brunsbüttel, Krümmel und Brokdorf betreibt, daß sie die Wiederaufarbeitung ausgedienter Atombrennstäbe im französischen La Hague durch eine Zwischenlagerung des Atom-Schrotts an selber Stelle ersetzen will.

Denn beim Brennstoffrecycling fällt nicht nur tonnenweise hochgiftiges Plutonium ab, es kostet die Atomkonzerne auch hunderte von Millionen Mark mehr als die Zwischen- und Endlagerung ausgedienter Brennelemente. Nachdem bereits Ende vergangenen Jahres HEW und Preag die sogenannten „Neuverträge“ mit der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield (hier läßt das AKW Krümmel aufarbeiten) gekündigt hatten, wird nun mit der La Hague-Betreiberin „Cogema“ gepokert, die die Brunsbüttler und Brokdorfer Brennelemente recycelt. Preag-Vorstandsmitglied Dr. Hans-Ulrich Fabian: „Zur Zeit laufen Verhandlungen mit Cogema über eine stärkere Flexibilisierung der Neuverträge“. Ziel der Gespräche sei es, „die Wiederaufarbeitungs-Verträge zur langfristigen Zwischenlagerung zu nutzen. Anstelle der Wiederaufarbeitung könnte dann auch eine endlagergerechte Konditionierung (Vorbehandlung – d. Red.) beim Wiederaufarbeiter treten“. Fabian geht davon aus, daß „wir noch in diesem Jahr belastbare Ergebnisse erzielen werden“.

Doch nach französischem Atomgesetz ist eine langfristige Zwischenlagerung ausgedienter Brennelemente in der Wiederaufarbeitungsanlage verboten; da aber die „Cogema“ ein Staatsbetrieb ist, ließe sich diese Klippe umschiffen. Ein Insider: „Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter“.

Die Verhandlungen mit der La-Hague-Betreiberin stellen auch die Atomtransporte nach Gorleben in ein anderes Licht: Das Zwischenlager könnte als zusätzlicher Trumpf im Verhandlungspoker mit den Franzosen genutzt werden. So vermutet der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Holger Mathews: „Hier wurde ohne Not ein Castor-Transport durchgepeitscht, um den Franzosen zu beweisen, daß die Stromversorger über eigene inländische Lagerkapazitäten verfügen“. Ein Signal an die Atomfirma „Cogema“ , daß sie am Ende ganz mit leeren Händen dastehen könnte.

Ebenfalls auf vollen Touren läuft nach Informationen der taz der Ausstieg der beiden Energieunternehmen aus der Finanzierung der Mischoxid (Mox)-Brennelemente-Fabrik in Hanau. Fabian: „Wir müssen uns darauf einstellen, daß wir die gesamte Mox-Fertigung im Ausland durchführen lassen“. Denn „die Behandlungsweise dieser Anlage durch die Hessische Landesregierung“, so Fabian weiter, lasse es „aus heutiger Sicht nicht zu, verläßliche Vorhersagen für einen Inbetriebnahmezeitpunkt der Anlage anzugeben“.

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