: Deckel drauf und durch
■ Vorwürfe der IG Medien: Kumpanei zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei
Die IG Medien/Deutsche Journalisten-Union (dju) hat im Zusammenhang mit den Polizeiübergriffen gegen die Pressefotografin Marily Stroux und den Journalisten Oliver Neß schwere Vorwüfe erhoben. „Es gibt ein Machtkartell zwischen Polizei und Staatsanwalt“, behauptet dju-Sprecher Jürgen Bischoff. Die Anklagebehörde soll die Übergriffe vertuscht haben: „Körperverletzung im Amt ist kein Bagatelldelikt.“
Marily Stroux hatte im November 1992 bei einem Polizeieinsatz in der Hafenstraße einen Steißbeinbruch erlitten, nachdem sie von Polizisten die Treppe hinuntergestoßen worden war. Ohne Ermittlungen wurde das Verfahren von der Staatsanwältin eingestellt, weil die Beamten den Übergriff bestritten hatten. Auf Widerspruch der Stroux-Anwältin Barbara Ede wurde das Verfahren wieder aufgenommen: Doch wieder sei nur schlampig recherchiert worden. Als dasNDR-Magazin DAS im November 1994 ein Polizeivideo ausstrahlte, begannen plötzlich – wenngleich seltsame – Ermittlungen.
Allen am Einsatz beteiligten Polizisten wurde ein Fragebogen zugeschickt. Die Ergebnisse waren eindeutig: „Fast niemand konnte sich an einen Vorfall erinnern“, so Ede. Für die Juristin ist das Vorgehen „ungewöhnlich“: „Man stelle sich vor, eine Polizistin wird von einer Gruppe namentlich bekannter Personen verletzt. Denen würde man keinen Fragebogen zuschicken, sondern sie wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung anklagen.“ Die Staatsanwaltschaft habe sich wie ein Zivilgericht verhalten: „Die Geschädigte mußte alle Beweise selbst auf den Tisch legen.“
Im Fall Oliver Neß hat dessen Anwalt, Manfred Getzmann, inzwischen die Ablösung des ermittelnden Anklägers beantragt. In „völlig unzulässiger Weise“ versuche der Ankläger das Verfahren gegen den Haupttäter Andreas Vatteroth abzutrennen. Offenkundig soll vertuscht werden, daß gegen den Beamten des Einsatzzugs Mitte Ermittlungsverfahren wegen der ausländerfeindlichen Vorgänge im Revier 11 laufen. „Würde Vatteroth angeklagt“, folgert Getzmann, „wird der ganze Skandal auf Wache 11 öffentlich gemacht.“ Deshalb solle der Haupttäter verschwinden und „zugedeckelt“ werden. Für Getzmann ein klarer Verstoß gegen den richterlichen Grundsatz: „Für mich gilt weiterhin: eine Tat, ein Verfahren.“ Kai von Appen
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