: Heftiger Knatsch um Bauwagenplätze
■ Sozialdemokraten in Eimsbüttel und Altona kritisieren die „Tabula-rasa-Pläne“
Die Sozialdemokraten in Altona und Eimsbüttel haben das angebliche Abkommen zwischen den Bürgerschafts-Fraktionen von SPD und Statt Partei „aufs Schärfste kritisiert“, wonach alle Bauwagenplätze innerhalb eines Jahres geräumt werden sollen. Eimsbüttels SPD-Fraktionschef Jan Jallas kontert: „Ich plädiere für die sofortige Abschaffung des Bauwagengesetzes.“ Und sein Altonaer Kollege Horst Emmel: „Lebensformen wie das Wohnen in Bauwagen stellen kein stadtentwicklungspolitisches, sondern ein ausschließlich soziales Problem in allen deutschen Metropolen dar.“
Gegenüber der taz verteidigte Statt-Fraktionschef Achim Reichert gestern nochmals die „Hardliner-Linie“ (Emmel): „Wir dulden keine rechtsfreien Räume. Nach dem Bauwagengesetz hätte eine Räumung vollzogen werden müssen.“ Auf einem Treffen mit Bauwagenbewohnern habe er den Eindruck gewonnen, daß es vielen Bauis gar nicht um ein Dach über dem Kopf gehe, sondern um „selbstbestimmtes Leben“. Dies könne aber nur im Rahmen der gesellschaftlichen Normen geschehen und nicht dadurch, daß man sich „Plätze aneignet und nichts dafür bezahlt“.
Auf vielen Plätzen herrschten „aufgrund der sehr großen Unterschiede“ der BewohnerInnen „erhebliche Spannungen“, will Reichert herausgefunden haben. Er fordert den Senat daher zum Handeln auf: „Die SPD hat die Kuh aufs Eis geschickt und immer mehr Kühe draufgelassen, doch das Eis verträgt das nicht.“ Reichert drohte den Bezirksamtsleitern auf der Verwaltungsebene mit erheblichen Konsequenzen: „In Hamburg herrscht für Bauwagenwohnen keine Akzeptanz.“ Das sieht Horst Emmel anders: „Die Statt Partei sollte vorsichtig sein, denn nach den Umfrageergebnissen scheint es eher ein ,stattparteifreies Hamburg' als ein ,bauwagenfreies Hamburg' zu geben“.
Aber auch die SPD-Genossen ernteten für ihre Einmischung Kritik. Emmel: „Wir sind bisher davon ausgegangen, daß das Konfliktmanagement der Bauwagen-Frage eine bezirkliche Aufgabe darstellt, die in der Tat zu unterschiedlichen Handlungsformen geführt hat.“ Jan Jalass assistiert: „Der Senat macht in dieser Frage selbst eine Gratwanderung.“ Emmel räumte gegenüber der taz ein, daß es auf vielen Plätzen hygienische Mängel gebe. Die müßten aber gerade zu mehr finanziellem Engagement des Senats führen: „Fachlich inhaltlich“ sei festzuhalten, daß viele BauwagenbewohnerInnen in dem Sinne nicht „wohnfähig“ seien, daß sie in reguläre Sozialwohnungen vermittelbar sind. Kai von Appen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen