: Esoterische Sphären
■ HSV: Die Demontage des Präsidenten Wulff nimmt mit jedem Urlaubstag zu
Manchen Menschen wird selbst ein wohlverdienter Kurzurlaub mißgönnt. Im Fall des HSV-Präsidenten Ronald Wulff, der derzeit auf Mallorca weilt, liegen die Gründe jedoch nicht in der notorischen hanseatischen Sonnenphobie. Er steht vielmehr im Verdacht, einmal mehr seine Amtsgeschäfte zu vernachlässigen. Dies könnte man zumindest aus den etwas konfusen Worten des geschäftsführenden Präsidiumsmitgliedes (was es nicht alles gibt!) Gerhard Flomm herauslesen: „Ich kann ihm ja nicht vorschreiben, wann er in Urlaub geht. Er ist für sich selbst verantwortlich. Aber er steht sicherlich sehr unter Druck.“
Da zur Zeit Teile des Präsidiums im Chor mit diversen HSV-Größen früherer (und besserer) Tage und zwei Hamburger Tageszeitungen Wulffs Rücktritt betreibt – “Für mich wäre das keine Überraschung“, formuliert Flomm in ungewohnter Eindeutigkeit – haben Spekulationen um dessen Nachfolge Hochkonjunktur.
Dabei werden gerade den unerbittlichsten Kritikern auch die größten Ambitionen auf einen Platz im Präsidium nachgesagt. Neben den ehemaligen Spielern Hieronymus, Bähre und Jakobs überraschte kürzlich ein gewisser Manfred Kaltz mit dem Vorschlag, Ex-HSV-Coach Aleksander Ristic zum Nachfolger des ebenfalls noch amtierenden Trainers Möhlmann zu küren. Da jedoch derzeit niemand über zukunftsweisende Konzepte debattiert, geschweige denn solche anzubieten hätte, spielen sich die Personaldebatten in eher esoterischen Sphären ab. Gar die „Ausstrahlung“ von Uwe Seeler muß als Faustpfand für eine bessere Zukunft herhalten.
Und auch ER spielt neuerdings mit. Da der HSV die restlichen Spiele ohne die Trikotwerbung seines Hauptsponsors auskommen muß, bekam er gestern von der Arbeitsstelle des Evangelischen Kirchentages einen kompletten Satz neuer Trikots mit dem Kirchentags-Slogan „Es ist Dir gesagt, Mensch, was gut ist“.
Christoph Ruf
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