piwik no script img

Unterm Strich

Genau 60 Jahre nach der Zerstörung der alten Synagoge in der Pogromnacht am 9. November 1938 soll in Dresden der Bau einer neuen Synagoge für die schnell wachsende jüdische Gemeinde beginnen. Dies kündigte Herbert Lappe, Mitglied des Gemeindevorstandes, am Freitag zum Abschluß eines internationalen Architektenwettbewerbes an.

Die neue Synagoge soll fast an derselben Stelle entstehen, an der die von Gottfried Semper gebaute alte Synagoge stand, auf einem 3.000 Quadratmeter großen Grundstück östlich des Terrassenufers an der Elbe, in direkter Nachbarschaft der Barockbauten der sächsischen Könige. Von den 57 eingegangenen Entwürfen gewannen der des Schweizers Livio Vacchini aus Locarno und der des Österreichers Heinz Tesar aus Wien den ersten Preis. Vacchini entwarf eine Synagoge von langgestreckter, schmuckloser Quadergestalt. Tesars Synagoge soll einem Sahnehäubchen (?!) gleichen, dessen Spitze sich leicht wellenförmig krümmt. Den dritten Preis erhielt die Architektengemeinschaft Wandel, Hoefer, Lorch aus Saarbrücken für ihren Entwurf, der einen um die Längsachse verdrehten Würfel darstellt.

Nicht Neues ist dagegen von Goethe zu berichten. Das ergab die deutsche Erstaufführung von Claudio Magris' „Stadelmann“ beim Kunstfest Weimar.

Carl Wilhelm Stadelmann war der langjährige Diener und Sekretär des Weimarer Dichterfürsten. Die vom Publikum erwarteten „Enthüllungen“ über das wirkliche Wesen des Halbgotts Goethe blieben aus. Stadelmann, ein tragischer Trunkenbold, kopierte Goethes Schriften und manchmal auch ihn selbst und behauptete, dessen Tagebücher geschrieben zu haben. 1824 konnte Goethe über die Anmaßungen Stadelmanns nicht mehr hinwegsehen und entließ ihn.

Claudio Magris, vor wenigen Tagen mit dem höchsten italienischen Literaturpreis Premio Strega ausgezeichnet, hatte seinen Erstling „Stadelmann“ 1988 geschrieben, dem Bild über Goethe jedoch kaum neue Facetten hinzugefügt. Regie in der Koproduktion des Kunstfestes mit dem Teatr Kreatur führte der Filmemacher Peter Lilienthal, der damit sein Debüt als Theaterregisseur gab. Das Weimarer Premierenpublikum bedachte seine stimmungsvollen Bilder mit freundlichem Beifall.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen