piwik no script img

Pantani rast zu seinem zweiten Sieg

■ Der Italiener Marco Pantani gewinnt die 15. Etappe der Tour de France, Jan Ullrich verteidigt souverän seine Führung

Berlin (taz) – Am Sonntag in Courchevel war noch von der Aufgabe Marco Pantanis die Rede, weil der Italiener unter hartnäckigem Husten leidet, gestern aber sauste der 27jährige so rasant ins Ziel, als habe er das Wort „Bronchien“ noch nie gehört. Auf dem letzten Anstieg der 15. Etappe der Tour de France über 208,5 km von Courchevel nach Morzine hatte sich Pantani abgesetzt und seinen Vorsprung dann auf der 12 Kilometer langen Abfahrt ins Tal sogar noch vergrößert. 1:17 Minuten nach dem Sieger kam das bewährte Duo Jan Ullrich/Richard Virenque ins Ziel, wie am Tag zuvor ließ der Träger des Gelben Trikots, der in der Gesamtwertung weiter 6:22 Minuten vor Virenque liegt, seinem Konkurrenten generös den Vortritt. Der bei der 84. Tour ursprünglich als Auszubildender im zweiten Lehrjahr angetretene Ullrich lernt schnell, was sich für einen echten Meister ziemt.

Die französische Presse war gestern voll des Lobes darüber, daß sich Ullrich am Sonntag an jene Devise gehalten hatte, nach der auch Miguel Induráin stets handelte: Der Träger des gelben Trikots gewinnt Etappen, indem er allein zum Ziel kommt. Erreicht er dieses am Hinterrad eines Rivalen, gebührt jenem der Ruhm des Tageserfolges. Folgerichtig machte der 23jährige Deutsche keinen Versuch, Virenque den Sieg bei der dramatischen 14. Etappe streitig zu machen, obwohl das Telekom-Team eigentlich nicht gut auf den Franzosen zu sprechen ist, seit er auf einer früheren Etappe attackierte, als Bjarne Riis gerade eine private Urinprobe loswurde.

Virenque hatte den Telekom- Leuten auf der 14. Etappe das Leben nach Kräften schwergemacht. Schon nach 14 Kilometern, am Aufstieg zum Col de Glandon, trat sein Festina-Team an. Ullrich konnte folgen, nicht aber Bjarne Riis, was den deutschen Spitzenreiter in eine prekäre Lage brachte. Auf den weiteren Pässen konnte er auf seinen stärksten Helfer unmöglich verzichten, also beorderte Teamchef Godefroot die besten Telekom-Leute nach hinten, um den Dänen zu unterstützen. Dadurch war Ullrich allein, als Festina bei der Abfahrt vom Glandon erneut beschleunigte, und wurde fast ein Opfer seiner Unerfahrenheit. Anstatt kaltblütig auf Unterstützung zu warten, versuchte er in Panik, den Ausreißern zu folgen. Fast wäre er dabei gestürzt und lief außerdem Gefahr, sich zu früh zu verausgaben. Gerade noch rechtzeitig kam er jedoch zur Besinnung und wartete auf Riis, der ihn schließlich wieder an die Spitzengruppe heranführte und die bisher brenzligste Situation für das gelbe Trikot von Ullrich bereinigte.

Erst beim letzten Aufstieg nach Courchevel stellte Virenque seine Versuche ein, der Tour doch noch eine Wendung zu geben, und fügte sich in sein Schicksal, bei dieser Tour mit dem zweiten Platz vorliebnehmen zu müssen und höchstens noch Etappensiege feiern zu können. Gestern allerdings wußte Marco Pantani auch dies zu verhindern. Matti

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen