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Biologisches Miteinander

Im Neugrabener Moor buddeln Jugendliche aus ganz Europa im Dienste von Umwelt und Hamburger Wasserwerken  ■ Von Heike Dierbach

Auf dem kleinen Feld im Neugrabener Moor wird hart gearbeitet und viel gelacht. Bis zu den Knöcheln stehen die 22 jungen Leute im Matsch, schippen Gras und Schlamm aus einem kleinen Graben und amüsieren sich köstlich über den Presserummel. „Am besten gefällt mir hier, daß man Leute aus allen Teilen Europas kennenlernt“, lacht Antje Seebens aus Bonn, „nicht wie sonst immer nur Deutsche.“

Die 18jährige Schülerin nimmt zum ersten Mal an dem Workcamp teil, das die Hamburger Wasserwerke in Zusammenarbeit mit den Internationalen Jugendgemeinschaftsdiensten (IJGD) organisiert haben. In den vergangenen zweieinhalb Wochen haben die 16- bis 24jährigen Jugendlichen aus Italien, Polen, Rußland, Frankreich, Tschechien, Litauen, der Türkei und Deutschland gemeinsam Wiesen gemäht, Gräben ausgehoben und Fachliches über „ihr Feld“gelernt. Ziel der „Renaturierung“der einen Hektar großen Fläche ist die Schaffung feuchter, nährstoffärmerer Böden, auf denen sich auch konkurrenzschwächere Pflanzen behaupten können. Über 350 Tier- und Pflanzenarten finden auf diesem Biotop nun ein Zuhause, unter ihnen eine Reihe gefährdeter Spezies.

Seit zwölf Jahren veranstalten die Wasserwerke Workcamps in Hamburg. „Wir schlagen dabei gleich zwei Fliegen mit einer Klappe“, erklärt Herrmann Kukowski von den HWW, „die Aktion dient sowohl der Sicherung der Grundwasserreserven wie auch der Völkerverständigung.“Die Jugendlichen müssen lediglich ihre Anreise selbst bezahlen, alle Kosten vor Ort tragen die Wasserwerke.

„Das Umweltbewußtsein ist bei den Jugendlichen je nach Land unterschiedlich“, berichtet Hugo Hager, der das Camp vor Ort betreut, „aber man merkt, daß sich etwas entwickelt.“Antje, die sich in Bonn bei Greenpeace engagiert, möchte in ihren Ferien „etwas Sinnvolles machen“. Der Strandurlaub kommt hinterher. Adriano Romagnoli aus Rom dagegen freut sich, sein „Englisch zu verbessern und Hamburg zu besuchen“. Das Camp in der Hansestadt ist jedes Jahr der „Hit“unter den Angeboten des IJGD. Auch der Spaß kommt bei der Feldarbeit nicht zu kurz: Jetzt ist erst einmal Pause. Wichtiger als die Fernsehkameras wird schlagartig die Platte mit den belegten Brötchen, die unter Lachen und Kichern in der Sonne verzehrt werden.

Täglich fünf Stunden arbeiten die Jugendlichen – da bleibt noch genügend Zeit zum Bummeln in der City. Adriano schwärmt vom öffentlichen Nahverkehr in Hamburg, vom Rathaus, der Elbe und von St. Pauli. Die Deutschen seien allerdings „nicht so offen“, meint der 18jährige Student, „und sie können keine Spaghetti kochen“. Alle Freiwilligen betonen die gute Stimmmung im Camp, anfängliche Sprachprobleme hat man gemeinsam überwunden. „Daß man auch mal welche nicht mag, ist ja ganz normal“, findet Adriano.

Seine Freunde kommen dazu, flaxen und meinen, er solle nicht vergessen, seine deutsche Freundin zu erwähnen ... Interkulturelle Sympathien scheint es jedenfalls genug zu geben, und für manches neuentstandene Liebespärchen wird der Abschied am Sonntag wohl tränenreich.

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