: Charles Taylor will kein böser Präsident sein
■ Jetzt ist es amtlich: Der ehemalige Rebellenführer ist Wahlsieger in Liberia
Berlin (taz) – „Gott hat gesprochen“, behauptete Charles Taylor, als Liberias Wahlkommission am Donnerstag offiziell seinen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen in Liberia verkündete. Ganz in Weiß wandte sich der ehemalige Führer der NPFL-Guerilla (Nationalpatriotische Front) in der Siegespressekonferenz Richtung Himmel und sagte: „Ich, Charles Ghankay DahKpanah Taylor, nehme Dein Mandat an.“
Eigentlich kommt Taylors Mandat von den Wählern, die am vergangenen Samstag bei einer Beteiligung von 80 Prozent zu 75,3 Prozent für Taylor als den ersten freigewählten Präsidenten Liberias gestimmt haben. Zu Zehntausenden feiern sie seit Donnerstag auf den Straßen der Hauptstadt Monrovia. Die von Exilintellektuellen als zivile Hoffnungsträgerin gefeierte Ex-UNO-Diplomatin Ellen Johnson-Sirleaf kommt auf gerade 9,5 Prozent – um die 60.000 Stimmen. In schlechter Verliererpose meinte Johnson-Sirleaf, das sei statistisch unmöglich, weil ihre United Party mehr Mitglieder habe. Doch alle Wahlbeobachter nennen den Wahlverlauf „frei und fair“. Taylors Nationalpatriotische Partei (NPP) erhielt auch in den beiden Parlamentskammern eine überwältigende Mehrheit. Obwohl er es nicht nötig hätte, hat der Wahlsieger nun die Verlierer – darunter mehrere ehemalige Milizenführer – zum Regierungseintritt eingeladen. „Schließt euch mir an beim Bau dieser Republik für das neue Jahrtausend!“ rief er. „Ich verspreche euch, daß ich kein böser Präsident sein werde.“
Präsident will Taylor seit 1990 sein, als er zusammen mit Vertretern marginalisierter Hochlandvölker den Kampf gegen die Militärdiktatur von Samuel Doe aufnahm. Er eroberte innerhalb weniger Monate fast ganz Liberia – bis auf die Hauptstadt Monrovia. Nachdem dort ein anderer Warlord, der inzwischen als wiedergeborener Christ in Nigeria lebt, Doe persönlich zu Tode folterte, intervenierte eine nigerianische Eingreiftruppe und verhinderte Taylors Endsieg. Der Krieg zog sich in die Länge. 150.000 der 2,5 Millionen Bewohner Liberias sind gestorben, über 700.000 geflohen. Erst vor einem Jahr wurde endgültig Frieden geschlossen.
Die nigerianisch geführte Eingreiftruppe Ecomog hat die Bürgerkriegsmilizen entwaffnet und hält nun offiziell das Gewaltmonopol in Liberia. Solange das so bleibt, steht die Souveränität Liberias nur auf dem Papier. Unklar ist, wie in Liberia wieder eine nationale Armee entstehen soll, die die Ecomog ablöst. Die Reste der früheren Regierungsarmee sind bloß noch eine unter vielen Stammesmilizen. Ihr Führer Alhaji Kromah erhielt bei den Präsidentschaftswahlen fast gar keine Stimmen und erklärte prompt, die Wahl sei ein „Witz“.
Streit zwischen Taylor und Kromah hatte bereits im April 1996 zur letzten Bürgerkriegsrunde geführt, bei der Monrovia erneut in Schutt und Asche gelegt wurde. Damals hatten Nigerias Soldaten Kromah gegen Taylor geschützt. Wie jetzt Nigeria auf den Sieg des Erzfeindes Taylor reagiert, ist noch nicht klar. Sein Militär wird kaum damit zufrieden sein, daß in seinen einstigen Klientelstaaten Liberia und Sierra Leone gleichzeitig Feinde Nigerias regieren, es dürfte versuchen, solange wie möglich in Liberia zu bleiben.
Die Ecomog hat bereits das Mandat, die Militärjunta in Sierra Leone zu stürzen, die im Mai per Putsch an die Macht kam. Am Donnerstag schlug ein offizielles Kommuniqué Nigerias martialische Töne an. Die Ecomog-Truppen in Sierra Leone „sind maßlos überstrapaziert“, hieß es. „Sie werden nicht zögern, zur Selbstverteidigung in die Gegenoffensive zu gehen.“ Dominic Johnson
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