Sind Sie glücklich?: „Musik macht glücklich“
■ 11 Uhr, Wittenbergplatz. Obwohl der Geiger Micha Sens eine mit „Üben, üben, üben!“ versaute Kindheit hatte, ist er dankbar, daß er bei der Musik geblieben ist
„Sind Sie glücklich?“ will die taz wissen und hört sich täglich um 11 Uhr abwechselnd auf dem Alexanderplatz und dem Wittenbergplatz um.
Der 34jährige Micha Sens: Ja, ich bin glücklich. Ich habe keine Sorgen. Ich hab' genug Geld, bin gesund, hab' genug Sex und momentan auch keinen Hunger. Mein Geld verdiene ich mit Kunst. Ich spiele freiberuflich Geige. Die Einnahmen reichen mal mehr, mal weniger. Man kann natürlich immer seinen Blick nach oben richten und sagen, ich will noch mehr haben. Aber ich brauche momentan nicht mehr. Glück ist, mich mit allen Dingen, die mich umgeben, zufriedenzugeben.
Dann ist man mittig in sich, und das ist Glück. Ich wünsche mir, nicht krank zu werden. Das ist das Übelste, was einem als Freiberufler passieren kann. Ich habe seit langen Jahren eine feste Beziehung. Sie ist Sängerin. Das ist wunderbar. Es ist die seelische Übereinstimmung. Ganz wichtig ist auch der Geruch und die Interessen, die man hat, daß das auf einer Ebene ist.
Ich bin der Meinung, daß Musik glücklich macht, sonst würde ich das ja nicht machen. Ich spiele am liebsten Camis Saint-Saäns. Meine Eltern, die auch Musiker sind, waren es, die den Wunsch hatten, daß ich Musiker werde. Und da hat man ja nicht viel Einfluß drauf. Das wird dann einfach gemacht, und dann ist die Kindheit rum. Abgesehen von der versauten Kindheit, bin ich eigentlich sehr dankbar, daß ich das habe, weil es mich, ja, glücklich macht. Meine Kindheit war „Üben, üben, üben!“. Kein Fußball, keine soziale Anerkennung innerhalb der Gruppe. Dadurch bin ich ein bißchen in eine Außenseiterrolle gedrängt worden. Über die bin ich inzwischen aber nicht unglücklich. Ganz im Gegenteil. Was könnte man nachholen? Vielleicht schwimmen lernen. Nein, man kann da nichts nachholen, das ist vorbei. Barbara Bollwahn
Heute stehen wir auf dem Alexanderplatz.
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