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Unterm Strich

Trotz Hungerstreik und zwischenzeitlich gar nicht so übel aussehender Lage... Die Thüringen Philharmonie Suhl fuhr zum Gastspiel nach Spanien, und mitten in der Konzertreise – am gestrigen Donnerstag – wurden alle entlassen. Die etwa 70 Musiker wollen bis zum Ende des Musikfestivals in Santander am 5. August als „freie Künstler“ weiterspielen, wie die Orchesterleitung versicherte. Nach erfolgter Rückreise aber bleibt den meisten bloß der Weg zum Arbeitsamt. Der zu Hoffnungen Anlaß gebende, zum 31. Juli 1997 geschlossene Kompromiß zwischen dem Land Thüringen, das nicht mehr allein finanzieren wollte, und dem Orchester sah vor, daß ein privater Trägerverein das neu zu gründende Orchester übernehmen sollte, während das Land 3,5 Millionen und die Stadt Suhl 1,5 Millionen beisteuern wollte. Die Stadt unterzeichnete den Vertrag, ein Trägerverein wurde ins Leben gerufen, das Land aber wartete ab. So kam es dann, daß aufgrund der unsicheren Lage nur 49 der 60 Arbeitsverträge von den Musikern unterzeichnet wurden, was der Thüringer Kulturminister Gerd Schuchardt zum Anlaß nahm, seine Zusage zum Finanzierungskonzept zurückzuziehen. Neueinstellungen seien notwendig, und das sei in der derzeitigen kulturpolitischen Situation nicht zu vertreten. Von seiten der Musiker und ihrer Interessensverbände hält man dieses Argument für vorgeschoben – ein Anlaß zur lange gewünschten Auflösung. Die Deutsche Orchestervereinigung (DOV) sprach von einem „politischen und menschlichen Skandal“.

Ein weiterer Beitrag zur Beilegung interregionaler Aversionen: John Updike schreibt gemeinsam mit Landsleuten aus allen Bundesstaaten einen Roman, und zwar im Cyberspace. Nach einem Bericht von USA Today eröffnet er die Story unter dem Titel „Murder Makes The Magazine“, so daß sich die Leser täglich mit eigenen Anregungen, Sätzen oder Absätzen einschalten können. Jeder aufgenommene Beitrag wird mit 1.000 Dollar honoriert. Am 11. September soll die Story zu Ende gehen – wie, weiß Updike selbst noch nicht. Hauptfigur ist die Magazin-Angestellte Miss Tasso Polk, die der Hauptautor in seiner Einleitung vorstellt. Veranstaltet wird das Ganze vom On- line-Buchladen Amazon.com, der mitteilte, Updike werde „seinen Kopf ins Maul des elektronischen Löwen legen“.

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