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Der Zweck heiligt illegale Mittel

Ausländerbehörde bedient sich gefälschter Paßersatzpapiere, um 13 angebliche Gambier abzuschieben. Doch es klappt nicht  ■ Von Silke Mertins

Das Fax von der Gambischen Botschaft in Brüssel ist eindeutig: Die Paßersatzpapiere für Johnny D. seien „gefälscht und ungültig“. Das Paßbild habe keinen Stempel, nicht einmal der Geburtsort sei eingetragen. Die Botschaft werde die Grenzbehörden in Gambia anweisen, Johnny D. nicht einreisen zu lassen, heißt es in dem Schreiben an Johnny D.s Anwalt, Miguel Wolf, vom vergangenen Donnerstag.

Die sofortige Abschiebung des 21jährigen wird damit unmöglich. Dabei sah sich die Ausländerbehörde schon so nah am Ziel. Endlich, glaubte sie, würde es gelingen, Johnny D. und zwölf weitere Afrikaner, die darauf beharren, aus Sierra Leone oder Liberia zu stammen, zu gambischen Staatsbürgern zu erklären und ins Flugzeug zu setzen. Denn in die bürgerkriegsgeschüttelten Länder, die die 13 Männer als ihre Heimat ausgeben, kann die Behörde nicht abschieben.

Im Juni hatte die Abteilung für aufenthaltsbeendende Maßnahmen die 13 einem Dolmetscher vorgeführt, der sich als freier Mitarbeiter des gambischen Honorarkonsuls in Köln ausgab. Er will die Männer als gambische Staatsangehörige entlarvt haben. Folge: Abschiebehaft.

Das Amtsgericht hob die Haft nach rechtsanwaltlicher Beschwerde eine Woche später jedoch auf. Denn die Botschaft in Brüssel erklärte auf Anfrage, diesen „freien Mitarbeiter“weder zu kennen, noch autorisiert zu haben. Der Vorgang in der Ausländerbehörde sei auch deshalb bedenklich, so das Gericht, weil das „einzige Vorladekriterium die Verstrickung in den Drogenhandel“gewesen sei.

Der Sprecher der Ausländerbehörde, Norbert Smekal, bestritt energisch, es handele sich bei den Identitätsfeststellungen um die Gefälligkeit eines Konsulatsmitarbeiters, der gleichzeitig als Dolmetscher für die Ausländerbehörde tätig ist. Außerdem habe die gambische Botschaft zugesagt, Paßersatzpapiere für die 13 Männer auszustellen.

Zugesagt hatte offenbar nur der „freie Mitarbeiter“. Die Botschaft in Brüssel wies nicht nur im Falle des Johnny D. die heimatlichen Einreisebehörden an, die Papiere nicht anzuerkennen. Ein weiterer gambischer Abschiebefall soll am Freitag auf dem Weg zum Flughafen gestoppt worden sein, nachdem die Behörde von dem Einreisestop erfahren hatte.

Die Mitteilung der Botschaft „werden wir prüfen“, so ein Sprecher der Ausländerbehörde. Die Behörde behauptet weiterhin, die Dokumente seien gültig. Einen Stempel gebe es durchaus. Der allerdings verläuft unter und nicht auf dem Bild.

Johnny D. sitzt mittlerweile wieder in Abschiebehaft. Einen Tag vor dem Schreiben aus Brüssel hatte das Amtsgericht die Haftanordnung verlängert. In der Begründung heißt es unter anderem: Johnny D. „verweigert jede Mitwirkung an einer Abschiebung nach Gambia. Nach der aktuellen Rechtslage ist der Betreffende verpflichtet, auch einer Abschiebung nach Gambia Folge zu leisten. Er hat keinen Anspruch auf Abschiebung in sein Heimatland oder ein Land seiner Wahl.“

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