Störsender Telekom

■ Telekom-Deal mit Spekulant Soros schiebt Rußland in eine Regierungskrise

Moskau (taz) – Der Versuch führender russischer Finanziers, die Versteigerung eines großen Aktienpaketes der bisher regierungseigenen Telekommunikations-Holding Swjasinvest rückgängig zu machen, hat Rußland in die Nähe einer Regierungskrise geführt. Die Schlacht wird in den Massenmedien und innerhalb des KGB-Nachfolgers FSB (Föderaler Spionage-Abwehrdienst) ausgetragen. Wie berichtet, ging ein Paket von 25 Prozent Swjasinvest- Anteilen für 1,875 Milliarden Dollar an die zypriotische Mustcom. Dahinter stehen unter anderem die russische Uneximbank und die Deutsche Bank. Kurz nach der Auktion wurde bekannt, daß der russische Finanzier, Osteuropa- Philantrop und Spekulant Georges Soros die Hälfte der Kaufsumme aufbrachte – zum Teil als direkte Investition seiner Quantum-Stiftung, teils als Kredit an die russischen Anteilseigner.

Gegen Soros und die Uneximbank richten sich jetzt die Angriffe der Bankiers Vladimir Gusinski und Boris Beresowski, zur Zeit stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsrates. Beiden wird nachgesagt, bei dem Deal den kürzeren gezogen zu haben. Zusammen kontrollieren sie einen Teil der russischen Massenmedien, in denen sie Ministerpräsident Tschernomyrdin aufrufen, die Hintergründe der Auktion zu überprüfen. Am Freitag traf sich Präsident Jelzin in seinem Urlaubsort an der Wolga mit Tschernomyrdin und Zentralbankchef Vladimir Dubinin. Während Jelzin dem Volk schon bald mehr Aufklärung über das finanzpolitische Schattenboxen versprach – „In fünf Tagen erfahrt ihr mehr“ – zieht sich der Kampf noch hin.

Tschernomyrdin hat die Entscheidung vorsichtshalber dem FSB überlassen. Innerhalb von einem Monat soll er die Angelegenheit überprüfen. Nach einem Ukas des Präsidenten von 1993 müssen alle ausländischen Teilnehmer an Privatisierungs-Auktionen sicherheitsdienstlich durchleuchtet werden. Gegen Georges Soros, den wichtigsten Teilnehmer an dem Swjasinvest-Deal, hatte der russische Geheimdienst in der Vergangenheit schwere Vorbehalte. Im Januar 1995 veröffentlichte die Tageszeitung Nesawisimaja Gaseta eine Expertise des FSK (heute FSB). Darin hieß es über verschiedene amerikanische Stiftungen, zu denen auch der Soros-Fonds gehört: „Ihre Tätigkeit trägt dazu bei, den außenpolitischen Kurs der USA zu realisieren, der darauf ausgerichtet ist, Rußland niederzuhalten, als einen Staat, der eine potentielle Konkurrenz für die einzige Supermacht darstellt.“

Die Tageszeitung Segodnja, Sprachrohr von Vladimir Gusinskis Finanzgruppe Most, stellte nun zwei Fragen: „Kommt nicht das Geld für den Kauf von Swjasinvest aus Südasien, wo Georges Soros gerade eine Krise der nationalen Währungen in Indonesien, Singapur und den Philippinen verursacht hat?“ Und zweitens: „Wird nicht die Uneximbank die Regierung für die Swjasinvest-Aktien mit Geld bezahlen, das sie vorher von der Regierung selbst bekommen hat?“ Für die Behauptung, er selbst habe zu den Verlierern beim Swjasinvest-Deal gehört, will Gusinski seinen Hauptkonkurrenten verklagen – Vladimir Potanin, Generaldirektor der Uneximbank und bis vor kurzem Vizepremier Rußlands. Daß der Chef der Most- Gruppe unter einem Saure-Trauben-Komplex leidet, läßt eine Erklärung der spanischen Telefónica vermuten. Gusinski habe auf ihrer Seite in dem unterlegenen Konsortiums mitgeboten. Barbara Kerneck