Kommentar: Von Mann zu Mann
■ Die leisen Töne Voscheraus sind auch ein Signal ans eigene Parteivolk
Da stehen sie, die aufrechten Genossen, und können nicht anders: Voscherau tönte, Schröder posaunte und der gemeine Sozialdemokrat – das Herz voll sozialer und internationaler Gerechtigkeit – ist zum Schweigen verurteilt. Es ist Wahlkampf. Doch Voscherau wäre nicht Voscherau, wenn er nicht zu einer kleinen Geste seines guten Willens in Form einer zarten und sehr dezenten Streicheleinheit in der Lage wäre.
Natürlich waren auch Voscheraus Sprüche für seine Verhältnisse martialisch (ausländische Straftäter sollten nicht deutsche Knäste „verstopfen“). Natürlich hat Schröder in seinem Eifer, dem Wahlvolk im Einzugsbereich der Bild zu gefallen, nur das nachgeplappert, was Voscherau in etwas weniger primitiver Sprache längst vorgegeben hatte. Dennoch mußte der Hamburger Bürgermeister sich nun distanzieren.
Denn Voscherau will alles sein: Der Mann für alle Sozialdemokraten. Der Mann für Recht und Ordnung. Der Mann für die Wirtschaft. Der Mann für die soziale Gerechtigkeit. Der Mann für jede Koalition. Der Mann für Annerose. Nur der Mann für Krista Sager nicht. Höchstens einer für GAL-Fraktionschef Willfried Maier – von Mann zu Mann.
Seine jetzigen, entschieden leiseren Töne geben nur bedingt Grund zur Hoffnung. Was er konkret vorhat, welche Hürden er einer rotgrünen Koalition in den Weg legen will, ob und wie er „aufräumen“will in der Hansestadt, verrät er dem Wähler nicht. Sie kaufen die Katze, beziehungsweise den Mann für alles, im Sack.
Silke Mertins
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