: Labern is a Labour Issue
Voscherau distanziert sich von Law-and-Order-Parolen a la Schröder und nennt Themen für rotgrüne Koalitionsverhandlungen ■ Von Silke Mertins
Auf dem idyllischen Feenteich gleich neben dem Gästehaus des Senats plusterte sich ein Schwan zu doppelter Größe auf. Keinesfalls zum Vergnügen, sondern um beim restlichen Getier Eindruck zu schinden. Obgleich kein Schwan, wuchs auch Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) gestern vor dieser Kulisse beim traditionellen halbjährigen Pressegespräch auf seinem Stuhl. Denn für seine Bilanz der Legislaturperiode wollten ihm nur Jauchzer über die Lippen kommen: „Sensationell“habe der Senat die finanzpolitische Situation gemeistert; für die Ausgabenreduzierung „gibt es bundesweit keine Parallelen“. „Einfach umwerfend“sei das Wohnungsbauprogramm. Und als „eindrucksvoll“müßten die ökologischen Erfolge bewertet werden.
Erst auf Nachfrage wollten ihm auch Defizite dieses Senats in den Sinn kommen. Daß es ihm nicht gelungen ist, seine Vorstellungen zur Inneren Sicherheit durchzusetzen – Stichwort „Bettler-Erlaß“– sei „schmerzlich“. Doch er distanzierte sich von den grobschlächtigen Sprüchen seines niedersächsischen Amts- und Parteikollegen Gerhard Schröder.
„Die Qualität der Gewaltbekämpfung hat nichts mit der Staatsangehörigkeit zu tun“, so Voscherau. Gleichwohl müsse ein Richter nicht nur über die Tat, sondern auch über die Abschiebung entscheiden dürfen. Vor allem aber müsse die Strafverfolgung beschleunigt werden. Denn „Gerechtigkeit nach drei Jahren ist keine mehr.“All dies seien natürlich bundespolitische Inhalte, räumte er dann ein.
Trotz seiner Ankündigung, Law and Order sei sein sozialdemokratisches Thema, konnte Voscherau nicht sagen, wie er es konkret in Hamburg umsetzen will. Eine Auflösung der offenen Drogenszene schloß er zum jetzigen Zeitpunkt aus. Bei den nichtsüchtigen Dealern müsse man „voll zuschlagen“. Wie genau dies und die Bekämpfung der „Alltagskriminalität“aussehen könnte, soll erst eine „vorurteilsfreie Schwachstellenanalyse“zeigen. Natürlich nach den Wahlen. „Und wenn das behördlich nicht vorankommt, vergebe ich privat.“Die politische Bewertung eines solchen Gutachtens „machen wir dann aber schon selber“.
Gewaltbekämpfung sieht Voscherau aber nicht als „einen Stolperstein für Rotgrün“. Joschka Fischer und GAL-Fraktionschef Willfried Maier würden das sicher unterschreiben, „und wenn die beiden es Krista Sager sagen, wird sie das auch tun“, degradierte Voscherau die ungeliebte grüne Konkurrentin zur Befehlsempfängerin männlicher Parteifunktionäre.
Bei der „Wirtschaftsfreundlichkeit“und den Finanzen sieht Voscherau Probleme mit der GAL. Maiers Pläne zur Privatisierung und Beleihung von Hafenflächen müsse er sich aus dem Kopf schlagen, denn die führten „zur Sofortschließung wegen Konkurs“.
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