Gesundheitsladen vor dem Ende

■ Viele Selbsthilfegruppen wollen sich von ihrem Trägerverein trennen / Dort kämpfen verfeindete Fraktionen um die Posten

Der Bremer Gesundheitsladen steht kurz vor dem Aus. Morgen hält der Beirat der 200 Bremer Selbsthilfegruppen, die seit zehn Jahren im Gesundheitsladen an der Braunschweiger Straße organisiert sind, eine Krisensitzung ab: „Es ist gut möglich, daß wir einen eigenen Verein gründen oder uns einem neuen Träger angliedern“, so Beirätin Irmgard Schwich von der Selbsthilfegruppe „Blitzschlag“: „In der Form, wie der Gesundheitsladen zur Zeit existiert, kann er die Aufgabe der Koordination und Beratung von Selbsthilfegruppen nicht mehr erfüllen“.

Ein interner Konflikt zwischen den Selbsthilfegruppen im Gesundheitsladen und der ihm seit vier Jahren angegliederten PatientInnenberatung wird damit endgültig zur öffentlichen Angelegenheit. Schon seit einem Jahr kriselte es zwischen den Mitarbeitern. Die Probleme, so heißt es aus den Selbsthilfegruppen, hätten sich immer wieder an der Person und der Arbeitsweise der Patientenberaterin Edeltraut Paul-Bauer entzündet. Die Kritiker werfen ihr vor, sie habe ihre Arbeit zu sehr auf eine rein emotionale Unterstützung von PatientInnen beschränkt. Frau Paul-Bauer war gestern zu einer Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der Konflikt spitzte sich zu, als Sozialsenatorin Tine Wischer (SPD) im März ankündigte, daß man über eine neue Patientenberatung außerhalb des Gesundheitsladens nachdenke. Dies ist inzwischen beschlossene Sache – im September läuft die Förderung der PatientInnenstelle im Gesundheitsladen aus. Im gleichen Monat März wählten die Mitglieder des Vereins Gesundheitsladen mit 5 : 4 Stimmen einen neuen Vorstand, der mit Rainer Paul, dem Eheman von Edeltraut Paul-Bauer und mit Sabine Rengstorf überwiegend der Patientenberatung nahesteht. Zwischen dem neuen Vorstand und den Mitarbeitern kam es in der Folgezeit zu schwerwiegenden Konflikten, die zur fristlosen Kündigung von mehreren Mitarbeitern aus der Selbsthilfeberatung führte, unter anderem von Clemens Müller, dem einstigen Begründer der PatientInnenberatung. Der Vorstand werfe ihm Urkundenfälschung und Unterschlagung vor, so heißt es aus den Selbsthilfegruppen – diese aber sehen niedere Motive des neuen Vorstands am Werk. „Das ist eine Schweinerei hoch neun“, empört sich eine Beirätin, die nicht genannt werden möchte: „Weil Frau Paul-Bauer bald keinen Job mehr hat, sollen nun auch alle anderen Arbeitsfelder des Gesundheitsladens den Bach runter gehen“.

Die Arbeit der Selbsthilfe-Koordination und -beratung will man deswegen neu organisieren. Die Möglichkeit, dies weiterhin im Gesundheitsladen zu tun, schließt Beirat Harro Bossen aus. Gertrud Stoevesandt aus der Sozialbehörde, zuständig für die Förderung der Selbsthilfegruppen, ist offen für alle Alternativen. „Unsere Unterstützung zielt auf die Beratung und Anleitung der Selbsthilfegruppen. Mit den Fördermitteln von 175.000 Mark bezahlen wir den Träger: seine Bediensteten, die Räume, die Geräte. Ob das mit den bisherigen Leuten oder mit neuen gemacht wird, das muß geklärt werden. Klar aber ist, daß wir in der Selbsthilfeförderung nur einen Träger akzeptieren können, der auch von der Basis akzeptiert wird.“ ritz