: Hofmanns Wasserspiele
Vermieterterror in Eimsbüttel: HausbewohnerInnen wurde zum wiederholten Mal das Wasser einfach tagelang abgedreht ■ Von Marco Carini
Gestern mittag, 12 Uhr: Ein halbes Dutzend Plastikeimer, gefüllt mit Wasser, verstellen den Balkon von Mieterin A. Über das Geländer baumelt ein meterlanger Gartenschlauch, aus dem sie sich seit zwei Tagen mit dem kühlen Naß versorgt. Denn aus der Wasserleitung wurde am Montag vormittag einfach ein Stückchen entfernt. Seitdem sitzen drei Mietparteien im Hellkamp 3 in Eimsbüttel auf dem Trockenen.
Sie alle vermuten, daß hinter dem dubiosen Leitungsklau ihr Vermieter Kuno Hofmann steckt. Denn Hofmanns Wasserspiele sind im Hellkamp-Haus längst eine periodisch wiederkehrende Begleiterscheinung. Bereits im Winter kam bei einzelnen MieterInnen bis zu acht Wochen lang kein Tropfen aus dem Hahn. Erst war von Geisterhand der Wasserdruck gedrosselt worden, dann schließlich ließ Hofmann die Leitungsrohre einfach abbauen. Die Folge: Der Vermieter kassierte einen Beschluß des Amtsgerichtes, der ihm unter Strafandrohung verbot, die Wasserzufuhr erneut zu unterbrechen. Doch die Gültigkeit dieser Anordnung endete am vorigen Freitag.
„Mit solchen Schikanen will Hofmann die letzten Altmieter aus dem Haus rauskriegen“, mutmaßt Bewohner Herbert B. Denn bei der Neuvermietung kassiert Hofmann teilweise das Doppelte der bisherigen Mieten. Bevor der Wirtschaftsprüfer vor wenigen Monaten mit der Luxusmodernisierung des Hauses begann, standen einzelne Wohnungen gar sieben Jahre lang leer.
Vorigen Januar ergriff schließlich eine Hausbewohnerin die Flucht, nachdem sie – wochenlang ohne fließend Wasser – einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte. „Nun sind wir nur noch drei Altparteien im Haus“, klagt Herbert B. Darunter eine schwerkranke 84jährige Frau, die am Montag mangels Wasserzufuhr nicht einmal mehr ihre Tabletten einnehmen konnte.
Den MieterInnen und ihrem Rechtsbeistand tischte Hofmann nach deren Angaben gleich drei verschiedene Varianten auf, wie das Rohr abhanden gekommen sein soll. Mal erzählte er, ein von ihm beschäftigter Tischler hätte es versehentlich abgerissen, dann wieder soll der Handwerker die Leitung aus unbekannten Gründen abgesägt haben. Schließlich gab Hofmann preis, er hätte Klempner beauftragt, das Rohr abzubauen und umgehend durch ein neues zu ersetzen. Leider aber seien die Installateure damit nicht rechtzeitig fertig geworden.
Dem Hamburger Amtsgericht war es jedoch egal, welche Fassung von Hofmanns Erzählungen der Wahrheit am nächsten kommt. Es verdonnerte den „Wiederholungstäter“am Dienstag dazu, innerhalb von zwölf Stunden die Wasserzufuhr wiederherzustellen und drohte ihm im Fall der Zuwiderhandlung eine Strafe von bis zu 500.000 Mark an. Die Drohung wirkte: Seit gestern nachmittag gibt es wieder fließend Wasser. Herbeigerufene Klempner hatten in Windeseile provisorische Ersatzrohre und Neuanschlüsse verlegt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen