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Bewohnbares Sonnenkraftwerk am Stadtrand

In Hamburg-Schnelsen leben 60 Menschen in einer neuen Öko-Siedlung  ■ Von Marco Carini

Es ist ihr erster Sommer im neuen Heim. Rund 60 Menschen genießen dieser Tage im Ellerbeker Weg in Schnelsen die wuchernde Pflanzenpracht, die sich vor ihren Haustüren bietet. Nach fast acht Jahren Vorlaufzeit war das aus 22 Wohneinheiten und einem Gemeinschaftshaus bestehende „soziale und ökologische Wohnprojekt“Anfang des Jahres bezugsfertig.

Seitdem leben hier, nur wenige Meter von der Hamburger Landesgrenze entfernt, Singles, Familien und die BewohnerInnen einer Wohngemeinschaft für geistig- und lernbehinderte Menschen gemeinsam in den aus umweltfreundlichen Baumaterialien hergestellten Niedrigenergie-Reihenhäusern. Solarpaneele, die in ihrer Gesamtheit das zur Zeit „größte Sonnenkraftwerk Hamburgs“bilden, zieren die nach Süden ausgerichteten Dachfronten.

Die Norddächer hingegen wurden begrünt, um eine bessere Isolierung zu gewährleisten und Faltern oder Vögeln auch hier einen Lebensraum zu bieten. Ein angrenzendes, gut 5500 Quadratmeter großes Grundstück soll im kommenden Jahr naturnah mit einem Gartentümpel und üppiger Vegetation gestaltet werden und den in der Siedlung lebenden Kindern eine zusätzliche Spielfläche bieten.

Ursprünglich sollte das Wohnprojekt auch eine autofreie Siedlung werden. Doch die schlechte Anbindung der Schnelsener Randlage an den öffentlichen Nahverkehr ließ diesen Traum schnell platzen. Auch der Plan, Privat-Pkws durch Car-Sharing-Autos zu ersetzen, ist bislang ein frommer Wunsch geblieben. „Das hat im Moment keine hohe Priorität“, räumt Genossenschafts-Vorstand Holger Fleischhauer ein.

Die seit kurzem fertiggestellte Öko-Siedlung sollte bereits vor Jahren am Brachvogelweg in Lurup eingeweiht werden. Doch die Stadtentwicklungsbehörde bremste das Projekt aus, weil ihr die Bebauungsdichte zu gering war. Schließlich wurde der „Brachvogel-Genossenschaft“, die die Siedlung im Rahmen der Programme des sozialen Wohnungsbaus errichtet hat, von einer Grundstücksgesellschaft die damals noch als Grünland ausgewiesene Schnelsener Ersatzfläche angeboten.

Um eine Wohnung in dem Projekt zu ergattern, mußten die SiedlerInnen pro Wohneinheit Genossenschaftsanteile von rund 50.000 Mark auf den Tisch blättern. Bei Auszug übernehmen die NeumieterInnen die Anteile. Dazu kommt noch mal eine Nettokaltmiete von gut 11 Mark, aus der die Förder-Kredite der Wohnungsbaukreditanstalt getilgt werden. Trotz dieser Konditionen sind bis auf eine Dachgeschoßwohnung, die aber nur von dem Inhaber eines Dringlichkeitsscheins angemietet werden kann, alle Wohneinheiten belegt.

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