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Zeitbombe im Watt

■ Keine Entwarnung für Schwarze Flecken / Forscher haben keine eindeutige Erklärung

Nicht ins Schwarze schauen Meeresbiologen im deutschen Wattenmeer. In Vergleich zur Naturkatastrophe von 1996 finden sich fast keine Schwarze Flecken im Wattenmeer. Zu diesem Ergebnis kommt Hans Farke von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer. Schwarze Flecken sind sogenannte „anaerobische Felder“in der obersten Schicht des Wattenbodens. Sie enthalten keinen Sauerstoff, alles Leben stirbt ab. Im Sommer 1996 war es zu einer explosionsartigen Ausdehnung dieser Flecken gekommen. Mit dem Absterben der oberen Wattenbodenschicht verlieren alle Meereslebewesen ihren wichtigsten Nahrungslieferanten.

Warum Schwarze Flecken in fußballfeldgroßer Ausdehnung sich im letzten Jahr ausbreiteten, ist unter Wissenschaftlern genauso umstritten wie die Tatsache, daß sich die toten Stellen wieder mit Sauerstoff angereichert haben. Grundsätzlich gibt es zwei Theorien über das Entstehen Schwarzer Flecken. Hans Farke von der Nationalparkverwaltung unterstützt die These, daß der harte Winter 1995 / 96 zum Absterben vieler Muscheln und Krebse geführt hat. Das Verwesen dieses organischen Materials habe dem Wasser Sauerstoff entzogen. Zusätzlich habe der kalte Winter eine Überproduktion von Kieselalgen provoziert. Deren Fettausscheidungen, Experten gehen von mehreren tausend Tonnen aus, hätten sich wie Folie auf dem Meeresboden abgesetzt und ihn so erstickt.

Die andere These wird vor allen Dingen von Naturschützern vertreten. Sie geht davon, daß dem Watt zu große Mengen zusätzlicher Nähstoffe als Industriechemikalien oder Düngemittel zugeführt werden. Diese Überdüngung und der heiße Sommer hätten zu einer Explosion der Algenproduktion und später zu den Flecken geführt, sagen die Umweltverbände BUND und NABU.

Hermann Michaelis von der niedersächsischen Forschungsstellle Küste auf Norderney hat als einer der ersten auf die Schwarzen Flecken hingewiesen. „Solange wir keine eindeutigen Aussagen machen können, gibt es auch keine Gegenmaßnahmen“, sagt der Wissenschaftler. Wahrscheinlich, so Michaelis, ist eine ganze Palette von Ursachen für das Auftauchen der Schwarzen Flecken verantwortlich. Manche Ursachen seien auch noch gar nicht erforscht. „Wir wissen, daß in den Sedimenten des Wattenbodes eine chemische Zeitbombe tickt. Wir wissen aber nicht, wie sie zusammengesetzt ist und wann sie hochgeht.“ schuh

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