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Widersprüchliche Signale für den Wind

■ Die Bremer Windlobby hat Sorge, daß Bonn die Förderung für Windstrom zurückschraubt / Baugenehmigungen billiger

Mancher hatte die Idee des wirtschaftspoltischen Sprechers der Bonner CDU-Fraktion, Gunnar Uldall, längst tief unten in Aktenbergen gewähnt: Dieser will die Förderung des Windstroms im Land reduzieren und Betreibern von Windrädern nur noch für eine begrenzte Strommenge feste Preise zugestehen. Im Sommerloch 1997 ließen sich Umweltministerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) aber von der Idee überzeugen und regen nun eine Änderung des Stromeinspeisegesetzes an. Möglicherweise werden danach noch in diesem Jahr per Kanzlerbeschluß die Festpreise teilweise aufgehoben, die die deutschen Energieversorger seit sieben Jahren an Windkraftproduzenten bezahlen.

Der Bremer Windkraft-Lobby kommt diese Entscheidung zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Gerade hatte die Stadt einhellig beschlossen, der Windkraft im Land Dampf zu machen. Im Juni dokumentierten die Parteien diesen Entschluß mit einem übergreifenden Bürgerschaftsbeschluß: Der Senat möge bitte bis zum Herbst einen Bericht darüber vorlegen, wo in Bremen Windräder gebaut werden können. Die regenerative Energie sollte endlich aus der Flaute, in der sie seit dem Deputierten-Beschluß vor zwei Jahren dümpelt. Damals hatten die Bremer Energieleitstelle und der Bausenator die Standorte von 100 Windrädern beschlossen: In Bremen -Nord, im Industriepark, an der Mülldeponie, in Hemelingen, in Arsten und in Niedervielland. Doch gerade 16 der Räder rotieren derzeit in Bremen.

Das soll nun anders werden, so die Bürgerschaft. Und auch der Senat zeigte in dieser Woche Flagge für die Windkraft. Gleich um 400 Prozent reduzierte Bausenator Bernt Schulte (CDU) die Gebühren, die Betreiber von Windrädern für eine Baugenehmigung zahlen müssen. „Das ging überraschend zügig“, sprach ihm dafür der Vertriebs-Chef Norbert Giese beim Anlagenbauer AN ein großes Lob aus. Als Senats-Geschenk versteht Giese die Gebührenreduzierung nicht: „Die Summe, die wir für unsere drei Windkraftanlagen zahlen sollten, war exorbitant hoch. Jetzt kostet uns die Baugenehmigung ungefähr so viel wie in den anderen Bundesländern“.

Die „AN Maschinenbau- und Umweltschutzanlagen GmbH“ist Bremens einziger Produzent von Windkraftanlagen. Mit 67 Mitarbeitern und einem Umsatz von 82 Millionen Mark gehört sie zu den sieben größten deutschen Betrieben ihrer Art.

Daß das Land Bremen, in dem man zur Zeit drei 600-Kilowatt-Anlagen an der Autobahn bei Gröpelingen aufstellt, nicht ihr bester Kunde ist, daran haben sie sich schon gewöhnt. So tragisch sei das nicht: Daß die Bremer die flügelschlagenden Strommasten lieber im weiten platten Niedersachsen sehen, versteht man und vertreibt denn auch eher nach Brandenburg oder auch schon mal nach China. Sauer ist man eher auf die Pläne in Bonn: Die Änderung des Stromeinspeisegesetzes sieht Giese als einen gezielten Rollback der Windkraft durch die Energieversorgungs-Unternehmen: „In Schleswig-Holstein haben die durch die Windkraft einen Umsatzrückgang von acht Prozent. Jetzt aktivieren die ihre Lobby.“

Durch die Einspeisevergütung, die die Energieunternehmen den Windrad-Betreibern zahlen muß, so ergänzt Edo Lübbing von der Bremer Energieleitstelle, seien seit 1990 allein in Bremen 200 Arbeitsplätze geschaffen worden. Wenn diese Einspeisevergütung jetzt zurückgeht, dann müsse notfalls das Land Bremen einspringen. ritz

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