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Vom Arbeitsamt direkt in den Puff vermittelt

■ Offiziell gibt es in Polen keine Prostitution. Aber Jobs als Begleitdame

Warschau (taz) – Der Vermittler beim Arbeitsamt zückt ein paar Karteikarten und lächelt der jungen Frau aufmunterd zu: „Wir hätten da etwas. Eine Begleitagentur sucht Damen zur Gesellschaft. Oder hier: leichte Arbeit in einem Massagesalon. Wenn Sie ein bißchen tanzen können: eine Nacktbar sucht Tänzerinnen mit Ausstrahlung.“ Die Frau wird rot: „Auf den Strich gehen kann ich auch alleine“, giftet sie. Die Türe knallt, das Gespräch ist beendet, und der Vermittler streicht die Frau aus der Arbeitslosenliste. Ab morgen bekommt sie vom Staat keine Unterstützung mehr. Begründung: Sie hat zweimal eine zumutbare Arbeit abgelehnt. Noch ist dieses Szenario gestellt. Doch in Zukunft könnte es sich so in den Arbeitsämtern Polens abspielen.

Die Sexindustrie in Polen entwickelt sich in einem Tempo, dem das Recht nur mühsam folgen kann. So gibt es zwar allein in Warschau schon um die 500 Minibordelle, doch offiziell gibt es in Polen keine Bordellprostitution. Die „öffentlichen Häuser“ sind als Begleitagenturen oder Massagesalons registriert. Die Prostituierten nennen sich „Damen zur Gesellschaft“. Und diesen Beruf gibt es bis heute in Polen, zumindest auf dem Papier. Im fünften Band der Berufsklassifikation des Arbeitsministeriums ist das Berufsbild der „Person zur Gesellschaft“ definiert: „Sie nimmt am Leben ihres Arbeitgebes teil, wohnt in seiner Wohnung, begleitet ihn auf Reisen, weicht nicht einen Schritt von seiner Seite.“ Zu ihren Pflichten gehört auch „das Führen einer Konversation entsprechend den Wünschen des Arbeitgebers, die Hilfe beim Nachhausefinden, wenn der Arbeitergeber dazu allein nicht mehr in der Lage ist“. Von Sex ist keine Rede.

Da die polnischen Bordelle als „Begleitagenturen“ registriert sind, können sie sich völlig legal an das Arbeitsamt wenden und sich „Damen zur Gesellschaft“ vermitteln lassen. Genau das ist jetzt in Rzeszow zum zweiten Mal passiert. „Beim ersten Mal“, berichtet Jacek Pasternak, Direktor des Bezirksarbeitsamtes von Rzeszow, „suchte der Besitzer einer Begleitagentur eine Frau mit Ukrainisch- Kenntnissen. Zum Glück sprach keine unserer arbeitlosen Frauen Ukrainisch. Dann rief uns der Besitzer einer Begleitagentur in Mielec an und suchte junge Polinnen. Ich mußte ihm sagen, daß er uns seine Angebote schicken soll.“

Damit entsteht eine völlig groteske Situation: Das Arbeitsamt muß arbeitssuchende Frauen als „Gesellschaftsdamen“ vermitteln. Zugleich macht es sich dabei möglicherweise der „Verführung zur Unzucht“ oder gar des „Mißbrauchs von Abhängigen“ schuldig. Immerhin bleibt der Frau noch der Weg zum Gericht: Die Betroffene kann den Arbeitgeber anzeigen, wenn er sie zu „Dienstleistungen am Kunden“ zwingt, die im Vertrag einer normalen Begleitagentur nicht vorgesehen sind. Wenn sie noch nachweisen kann, daß das Arbeitsamt wußte, an wen es die Arbeitslose vermittelte, hat sie gewonnen. „Den Beruf ,Dame zur Gesellschaft‘ gibt es nicht“, behauptete Janusz Lewandowski, Direktor des Bezirksarbeitsamtes in Warschau, unlängst. Als er von Journalisten berichtigt wurde, meinte er: „Wir vermitteln keine Frauen an Begleitagenturen. Wozu sollten wir das Gesetz ändern?“ Genau das aber fordert jetzt das „Zentrum für die Rechte der Frau“ in Warschau. Gabriele Lesser

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