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Brennende Kohleflöze heizen Klima an

Unkontrollierte Feuer in Nordchinas Kohlevorkommen tragen weit stärker zum Treibhauseffekt bei als die gesamte deutsche Industrie. Auf der Klimakonferenz ist das kein Thema  ■ Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – Natürlich wandernde Feuer in Chinas Kohleflözen vernichten jährlich rund 200 Millionen Tonnen Kohle. Ihr Beitrag zum weltweiten Kohlendioxid-Ausstoß beträgt jährlich rund drei Prozent – das entspricht etwa Dreiviertel der Menge, die Deutschland herausbläst. Der wirtschaftliche Schaden für die Volksrepublik ist so groß, daß sie nun holländische Wissenschaftler um Hilfe gebeten hat. Das berichtet das Wissenschaftsmagazin New Scientist.

Den Beitrag zum Treibhauseffekt vernachlässigen die Diplomaten, die derzeit den Klimagipfel im Dezember vorbereiten. Die Verhandlungsführer sind fixiert auf Quellen, die mit Energieverbrauch verknüpft sind. Menschliche Beiträge wie Waldrodung, rottende Reisfelder oder leckende Pipelines bleiben unberücksichtigt. „Ein Drittel aller Treibhausgase wird in den Klimaverhandlungen gar nicht berührt“, schätzt Gerhard Petschel-Held vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung.

Die Brände in China erstrecken sich zuweilen über zwanzig Kilometer und erfassen vor allem die Kohlevorkommen in dem bergigen Norden zwischen der Mandschurei und der Grenze nach Kasachstan. Manche der Feuer wandern schon seit Jahren durch die nahe an der Oberfläche liegenden Flöze – Auslöser sind meist Waldbrände. Henk Schalke vom Niederländischen Institut für Angewandte Geowissenschaften leitet das Projekt: Er will mittels Satelliten und Flugzeugaufklärung solche Feuer aufspüren, damit chinesische Feuerwehrtrupps die Brände löschen können. „Das wird der schwierigste Part werden“, fürchtet Schalke.

Noch einmal 13 Prozent der jährlichen Kohlendioxid-Emission entstehen aus der verstärkten Landnutzung in aller Welt: Wald wird gerodet, und selbst wenn wieder Kulturpflanzen angebaut werden, können die Plantagen längst nicht soviel Kohlenstoff binden wie der dichte Dschungel. Kein Thema für die Diplomaten, kritisiert Petschel-Held.

Weitere Treibhausgase wie Methan, Lachgas und FCKW sind für ein Viertel des Treibhauseffekts verantwortlich. Methan heizt 25mal stärker als Kohlendioxid, Lachgas 320mal und FCKW können bis zu 1.000mal intensiver das Klima anheizen. Auch Methan entsteht auf dem Acker: Es entweicht aus Rindermägen oder aus rottenden Reispflanzen, deren abgeerntete Stengel im Wasser vergammeln. Weil Kunstdünger übermässig verwendet wird, bildet sich im Boden verstärkt Lachgas. Fünf Prozent der Treibhaushitze entstehen durch lecke Gaspipelines und Ölquellen, aus denen Methan entweicht.

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