: Auf die Waffe kommt es an
Schaukämpfe: Innensenator will böse Messer verbieten, während heute die Bürgerschaft zum letzten Hauen und Stechen schreitet ■ Von Silke Mertins
Künftig soll nur noch mit Allzweckmessern zugestochen werden können. Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) will „gefährliche Messer“, die nur zum Verletzen von Menschen gedacht sind, verbieten lassen. Dazu zählen „Hieb- und Stoßwaffen sowie Spring- und Fallmesser“. Auch die Herstellung, der Import und der Besitz von Elektroschockern und Stahlruten sollen nach dem Willen Wrocklages und des Senats strafbar werden.
Der Innensenator will diesen Vorschlag in den Bundesrat einbringen, obgleich auf Bundesebene eine Novellierung des Waffenrechts derzeit ohnehin beraten wird. Absprachen mit anderen Bundesländern gibt es nicht, lediglich „Gespräche“mit Berlin. Der Senator konnte auch nicht beziffern, wie häufig diese Waffen zu Körperverletzungen geführt haben oder die Polizei auf Butterfly- oder Faustmesser gestoßen ist, sondern berief sich auf „praktische Erkenntnisse“.
Auch mußte Wrocklage, der in den vergangenen Wochen fast ununterbrochen von Negativschlagzeilen betroffen war, einräumen, daß einem solchen Verbot eine rein „symbolische Bedeutung“nicht abzusprechen sei. Gleichwohl sieht er die Gesetzesinitiative als „Baustein“im Kampf gegen die „leider auch in Hamburg sinkende Hemmschwelle bei brutalen Gewalttätern“. Binnen vier Monaten sollen die dann illegalen Messer abgegeben werden.
Ein Hauen und Stechen um die Innere Sicherheit wird es auch heute in der letzten Bürgerschaftssitzung vor der Wahl am 21. September geben. Denn auf die Waffe kommt es an. CDU-Spitzenkandidat Ole von Beust will Schützenvereine gegen Vandalismus auf Patrouille schicken. Außerdem soll der Senat für seine Geheimniskrämerei an den Pranger gestellt werden. Wrocklage will nämlich seine Vorschläge zur Entlastung der Polizei von nichthoheitlichen Aufgaben erst nach der Wahl bekanntgeben. „Statt klarer Entscheidungen vor der Wahl – Vertröstungen auf danach“, lautet das klagend von der CDU zur Aktuellen Stunde angemeldete Thema.
Ob die Christdemokraten und der SPD-Bürgermeister Henning Voscherau bei ihrem Ruf nach dem New Yorker Modell – „Null Toleranz“– bleiben, darf mit Spannung erwartet werden. Denn derzeit wird der Preis des allseits so hochgepriesenen Konzeptes deutlich. 700 Polizisten ermitteln dort augenblicklich gegen jene Kollegen, die dem Schwarzen Abner Louima einen Holzstiel in After und Mund stießen, ihm die Zähne ausschlugen, die Blase sprengten und eine Darmschlinge durchstießen. Amnesty international dokumentierte bereits im vorigen Jahr 90 Fälle von Mißhandlungen und Tötungen durch die New Yorker Polizei. Die Opfer gehören überwiegend einer Minderheit an.
Nach zweijähriger Untersuchung des Hamburger Polizeiskandals kam selbst die CDU im November 1996 zu dem Ergebnis, es gebe bei der Polizei „rechtsradikales Denken und Handeln in mehr als nur Einzelfällen“(Ulrich Karpen). Dennoch fordert die CDU nun: „Die New Yorker Polizeistrategie – Modell für Hamburg.“
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