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„Kein Polit-Prozeß“

■ Prozeß um Demo-Hauereien: Verfahren gegen Prügelopfer vor der Einstellung

Nach Verhandlungsende wurde es spannend. Beim Verlassen des Gerichtssaals erklärte Richter Michael Kaut den Prozeßparteien, er liebäugele damit, das Verfahren einzustellen. Mit einer Verurteilung des Erziehers Gunnar G. (35) und des Studenten Claus S. (28) wegen Landfriedensbruchs, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und versuchter Körperverletzung ist demnach kaum noch zu rechnen.

Den Angeklagten wird vorgeworfen, am 16. Juni 1995 bei einer Demo gegen die Kriminalisierung linker Strukturen vor der „Roten Flora“am Schulterblatt sich gewaltsam gegen ihre Festnahme gewehrt zu haben. Gunnar G. soll einen „hühnereigroßen Gegenstand“in Richtung der Einsatzkräfte geworfen, Claus S. einen Beamten getreten haben.

Während es hierzu nur wenige und widersprüchliche Aussagen von Polizei-Beamten gibt, sagten mehrere „zivile Zeugen“aus, daß Beamte massiv auf DemonstrantInnen eingedroschen hätten. Der Fotograf Christian H. berichtete gestern vor dem Landgericht, daß „mindestens drei Polizisten auf einen Demo-Teilnehmer, vermutlich Claus S., „eingeschlagen“hätten.

Konkreter noch eine schriftliche Aussage des inzwischen verstorbenen GAL-Referenten Peter Mecklenburg. Danach haben „fünf bis acht Beamte wahllos“auf den „wehrlos und blutüberströmt“am Boden liegenden Gunnar G. „mit Schlagstöcken eingeprügelt“. Gunnar G. trug neben anderen Verletzungen einen irreparabel geschädigten Nackenwirbel davon. Ob gegen die Prügel-Polizisten Anklage erhoben wird, will die Staatsanwaltschaft vom Ausgang des Verfahrens gegen Gunnar G. und Claus S. abhängig machen.

Zu Beginn der Verhandlung hatte Richter Kaut betont, daß es sich um „keinen politischen Prozeß“, sondern ein „ganz normales Strafverfahren“handle. Wie normal, zeigte schon ein Blick auf den Gerichtsflur. Dort patroullierte ein halbes Dutzend Polizeibeamter, zum Teil mit Maschinenpistolen in den Händen. Und vor dem Strafjustizgebäude war eine ganze Armada von Polizeifahrzeugen aufgefahren. Marco Carini

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