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Hamburg fällt vom Fleische

BSE: Der Wahnsinn kommt industrieverarbeitet daher. Ob „Hummel-Hummel“oder „Exquisit“– Warnung vor Dosen-Labskaus  ■ Von Lisa Schönemann

Die Hamburger Gesundheitsbehörde hat gestern vor dem Verzehr von Labskaus gewarnt. Die hanseatische Spezialität in der 400-Gramm-Dose sei offenbar unter Verwendung britischen Rindfleisches hergestellt worden. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hat ein Hamburger Händler rund 1900 Büchsenmahlzeiten an Feinkostgeschäfte in Hamburg und in den benachbarten Ländern geliefert. Weitere 6400 Dosen konnten sichergestellt werden. Die Büchsen wurden mit acht verschiedenen Etiketten versehen. Ob im Hamburger Labskaus „Hummel Hummel“, ob in Loof's Husumer Labskaus,in Reinickes Labskaus „Exquisit“oder im „Admiralstopf“– in allen Dosen ist dasselbe drin.

Das Risiko einer Infektion mit dem auch für den Menschen gefährlichen BSE-Erreger wird von Experten unterschiedlich eingeschätzt. Ein Zusammenhang zwischen Creutzfeldt-Jakob, einer Erkrankung des Gehirns, und der Tierseuche Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. „Das Problem ist, daß man bei dem verarbeiteten Fleisch genetisch nicht nachweisen kann, ob es sich um deutsches oder britisches Rindfleisch handelt“, erläutert Petra Bäurle, Sprecherin der Hamburger Gesundheitsbehörde. Da außerdem die Struktur des BSE-Erregers bisher nicht bekannt ist, lasse er sich weder am lebenden Tier noch im Schlachtfleisch nachweisen.

Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein fordert jetzt drastischere Kontrollen. Sowohl das Export-Verbot für britisches Rindfleisch als auch der deutsche Fleischhandel müßten stärker überprüft werden.

„Gesundes“Rindfleisch gibt es bis auf weiteres nur in Metzgerläden, die über die Herkunft ihrer Waren Auskunft geben können. Gewarnt wird vor Produkten, die vordergründig mit Geflügelanteilen werben, die aber Rindfleisch enthalten – was sich erst nach gründlicher Lektüre des Kleingedruckten erschließt.

Gegen den Hamburger Fleischimporteur, bei dem vor einer Woche 60 Tonnen illegal importiertes Rindfleisch sichergestellt worden sind, ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft. Der Kaufmann steht unter Verdacht, von den gefälschten irischen Herkunftsstempeln auf der Ware gewußt zu haben. Insgesamt soll der Importeur entgegen den geltenden Richtlinien 616 Tonnen des eventuell mit dem gefährlichen BSE-Erreger verseuchten Fleisches aus Großbritannien importiert haben. 440 Tonnen gingen nach Osteuropa, der Rest ging an deutsche Fabriken. Allein vier Tonnen Fleisch sind in der Nähe von Bremen zu besagtem Labskaus verarbeitet worden.

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