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McFritzes Mehrwegmeinung

Umweltsenator Fritz Vahrenholt hat sich von der Verpackungssteuer trotz seiner vollmundigen Ankündigungen verabschiedet  ■ Von Achim Fischer

Die Hamburger Fast-Food-Industrie muß die Einführung einer Verpackungssteuer vorerst nicht befürchten. Die Lenkungssteuer, die aus umweltpolitischen Gründen bereits in 48 deutschen Kommunen eingeführt wurde, trage „allenfalls im Promillebereich“zur Abfallvermeidung bei, winkt Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) ab. Sie sei „aus abfallpolitischer Sicht nicht relevant“, ergänzt sein Sprecher Kai Fabig. Nach einem Gutachten der Umweltbehörde könnten von den rund 1200 Tonnen Pappgeschirr jährlich 950 Tonnen gespart werden. Promille? „Diese 950 Tonnen machen 0,48 Prozent des hausmüllähnlichen Gewerbeabfalls aus“, so Fabig.

Im August 1994, als das Bundesverwaltungsgericht die kommunale Verpackungssteuer der Stadt Kassel für rechtmäßig erklärte, war man in Hamburg noch ganz anderer Meinung. „Wenn der Bund eine solche Abgabe nicht macht, werden wir ein eigenes Gesetz vorschlagen“, gab sich Vahrenholt damals entschlossen. Und kündigte an, er werde dann „umgehend“eine eigene Verordnung erlassen. Bis heute, drei Jahre später, gibt es keine Verpackungssteuer in Hamburg, wohl aber in 48 anderen Kommunen in Deutschland.

Die erste, Kassel, kassiert seit fünf Jahren bei Imbißbuden und Fast-Food-Ketten für das Einweggeschirr ab: 50 Pfennig für Teller, 40 Pfennig für Becher, 10 Pfennig für jedes Besteckteil.

Auch die Hamburger Umweltbehörde schrieb schon mal an einem Gesetzentwurf. „Weg mit dem Pappteller“, schallte Zustimmung aus der SPD-Fraktion. „Ich werde mich dafür einsetzen, daß Hamburg dem Kasseler Modell folgt“, pflichtete der damalige Statt-Chef Markus Wegner bei. Selbst die Opposition fand nur unter Mühen etwas auszusetzen. Einziger Einwand der CDU: Die Einnahmen durch die Steuer sollten ausschließlich für eine bessere Müllbeseitigung eingesetzt werden. Die GAL war mit dem Vorhaben des Umweltsenators rundum zufrieden, entsprach es doch langjährigen grünen Forderungen.

Trotz Einsicht passierte nichts. Die schriftliche Begründung zum Kassel-Urteil sei abzuwarten, befand der Senat wenige Wochen nach Vahrenholts Steuer-Vorstoß. Die Urteilsbegründung kam, die Steuer nicht. Weil Fast-Food-Kläger vors Bundesverfassungsgericht zogen, fand der Hamburger Senat es „nunmehr also ratsam, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes abzuwarten“.

„Das ist eine Bagatellsteuer mit hohem Verwaltungsaufwand“, rückt Vahrenholt von seinen früheren Plänen ab. Die Regelungen der 48 Kommunen seien zudem allesamt „juristisch höchst zweifelhaft“, wischt er entsprechende Pläne für Hamburg auch formal vom Tisch. Daß es Möglichkeiten gibt, den Rechtsstreit zu umgehen, sprechen weder der Senator noch Regierungs- oder Oppositionsparteien an.

„Wir empfehlen den Städten zu prüfen, ob sie nicht auf freiwilliger Grundlage die gleiche Abfallreduzierung erreichen“, erklärt Peter Queitsch, Umweltdezernent des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. „Wir haben Unternehmen immer wieder vorgerechnet, daß sich die Umstellung auf Mehrweggeschirr finanziell lohnt, auch ohne den Druck einer Verpackungssteuer.“

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