Fünf Tage jüdische Musik

■ Jetzt auch in der Klezmer-Musik: Die historische Aufführungspraxis / Mittwoch beginnt Festival im KITO

Seit das Klezmer-Revival in den USA der 70er Jahre durch Bands wie die Klezmatics oder Brave Old World auch in hiesigen Breiten popularisiert wurde, erfreut sich die traditionelle Fest- und Tanzmusik der jüdischen Bevölkerung Osteuropas in der „alten Welt“ebenfalls zunehmender Beliebtheit. Die regen Aktivitäten des israelischen Klarinettisten Giora Feidman trugen das ihre zu einem regelrechten Klezmer-Boom bei. So legt das dritte KITO-Klezmer-Festival vom 27. bis zum 31. August im Nordbremer Kulturzentrum den Schwerpunkt auf aktuelle europäische Spielauffassungen dieser Musik. Von Beginn an verschmolz sie unterschiedlichste musikalische Traditionen miteinander: Dazu zählten slawische Tänze, Zigeunermusik, ekstatische Lieder der Chassiden, einer charismatischen, messianischen Erneuerungsbewegung des osteuropäischen Judentums, oder orientalische Einflüsse.

Joshua Horowitz (Tsimbl = Hackbrett, Akkordeon, Fiedel) aus Österreich, Merlin Shepherd (Klarinette) aus Großbritannien und Géza Pénzes (Cello) aus Ungarn eröffnen das Festival. Sie versuchen, in Instrumentierung, Klangfarbe und Interpretation dem ursprünglichen Klang der Klezmermusik möglichst nahe zu kommen. Horowitz spielt beispielsweise ein 1889 gebautes Knopfakkordeon, sein Tsimbl wurde nach alten Zeichnungen rekonstruiert. Shepherd bläst eine C-Klarinette, der bevorzugte Typus der Klezmorim des 19. Jahrhunderts. Im Repertoire der drei klassisch ausgebildeten Mitglieder des Terzetts Joshua Horowitz Klezmorim finden sich neben ,klassischen' Freylakhs und Bulgars auch chassidische Melodien (27.8.).

Das Berliner Quintett la'om hat traditionelle Klezmer-Melodien ebenso im Programm wie Eigenkompositionen mit starken Wurzeln in der Folklore des heutigen Osteuropa (28.8.). Eine Verknüpfung von Klezmer mit Klassik-Elementen und Jazzimprovisation zeichnet die Spielweise des Saarbrückener Trios Helmut Eisel & JEM aus. Klarinettist Eisel, ehemaliger Feidman-Schüler, Michael Marx (Gitarre) und Herbert Jagst am Baß gelten als herausragende Vertreter des Genres in Deutschland. Sie werden ihre „Israeli Suite“aufführen, in der sich die Eindrücke von zwei Konzertreisen durch Israel zu einer bewegenden Hommage verdichten (29.8.).

Colaleila (die ganze Nacht) nennt sich ein Quartett aus Darmstadt um die israelische Klarinettistin Irith Gabriely, die 1991 den 1. Solistenpreis des größten Klezmer-Festivals in Zefat, Israel, gewann. Mit Klarinette, Fiedel, Akkordeon und Baß folgen Colaleila gekonnt einer weiten Klezmer-Auffassung. So stehen u.a. „Hava Nagila“, der Gassenhauer „Wenn ich einmal reich wär'“aus Anatevka oder eine klezmerisierte Version von Chick Coreas „La Fiesta“im Programm der Band. Dabei besticht die ,Queen of Klezmer' Gabriely neben ihrem fulminanten Klarinettenspiel auch durch ihre humorige Publikumsansprache (30.8.).

Schließlich werden Klezgoyim das fünftägige Festival mit ihren pfiffigen Klezmerklängen made in Bremen beenden. Die sechsköpfige Bremer Kapelle orientiert sich am Klangidiom US-amerikanischer Klezmerkapellen der 20er bis 50er Jahre. Klezgoyim bieten außer traditionellen Titeln auch Eigenkompositionen, bei denen u.a. Tango- und italienische Tarantella-Motive oder bayrische Blasmusik witzige Verbindungen mit den osteuropäisch geprägten Klezmer-Melodien eingehen. Arnaud

Vom 27.- 31. August jeweils 20 Uhr im KITO, Bremen-Vegesack