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Bremen ohne öffentliche Trinker?

■ Das öffentliche Saufen ohne Genehmigung soll verboten werden / Wird eine CDU-Initiative Gesetz, dann kostet diese Ordnungswidrigkeit am Osterdeich, unter den Rathausarkaden osonstwo in Bremen bald hundert Mark Strafe.

Eine weitere CDU-Offensive für Sauberkeit und Ordnung ist gestern einen kleinen Schritt vorangekommen. Auf CDU-Antrag wird sich der Beirat östliche Vorstadt am 9. September mit einer Gesetzesänderung befassen, nach der die Polizei gegen exzessiven Alkoholkonsum auf öffentlichen Flächen künftig aktiv vorgehen kann. Bis zu 100 Mark Strafe soll zahlen, wer sich länger auf öffentlichen Flächen niederläßt und ein Bierchen nach dem anderen hebt – oder dies beabsichtigt. Der Viertel-Beirat nimmt damit als erstes Stadtteilparlament eine Initiative der CDU-Bürgerschaftsfraktion auf, die das Bild trinkender BremerInnen am Osterdeich oder Ziegenmarkt tilgen will – ebenso wie das geselliger Zusammenkünfte unrasierter Kornschnabulierer unter den Rathausarkaden.

Geht es nach den Innenpolitikern der CDU, soll der „Bleib-Trocken“-Vorstoß noch im September auf die Tagesordnung der ersten Bürgerschaftssitzung nach der Sommerpause, sagt deren innenpolitischer Sprecher, Rolf Herderhorst. Allerdings räumt er ein, müsse der Koalitionspartner SPD dem Vorschlag erst zustimmen. Geschieht dies, dann wird das geänderte „Ortsgesetz über die öffentliche Ordnung“künftig eindeutig festlegen, daß „das Lagern und dauerhafte Verweilen auf öffentlichen Flächen zum Zwecke des Alkoholkonsums ebenso verboten ist wie das Hinterlassen von Abfall jeder Art.“

Sinnenfreudige und Schankunternehmer dürfen sich durch diesen ersten Absatz im Gesetz nicht verunsichern lassen. Die Gesetzes -

initiatoren wollen ihre Geschicke nicht beeinträchtigen. Die Polizeigewalt nämlich soll – auch im öffentlichen Raum – dort enden, wo der Alkoholgenuß „im Rahmen eines erlaubten oder gestatteten Gaststättenbetriebes innerhalb der zugelassenen Fläche erfolgt.“Auch das soll ins Gesetzbuch.

Ob die SPD der Neufassung des Ortsgesetzes zustimmt, ist noch unklar. Zwar will der CDU-Innenpolitiker Herderhorst von SPD-Fraktionschef Christian Weber bereits Zustimmung signalisiert bekommen haben. Doch sehen der innenpolitische Sprecher der SPD, Jens Böhrnsen, und der Sprecher der Justizdeputation, Horst Isola (SPD), noch „Beratungsbedarf“. Zwar wissen sie, daß die SPD den jetzt debattierten Alkohol-Passus zu Zeiten der Ampelkoalition selbst zum Gesetz machen wollte – was nur am Widerstand der Grünen scheiterte; nur „aggressives“Betteln und öffentliches Fixen können seither mit Bußgeld belegt werden. Doch nachdem das Verwaltungsgericht jüngst die sechsmonatigen Platzverweise gegen Drogenabhängige als Verstoß gegen die Freizügigkeit für unzulässig erklärte, müsse man die bisherige Gesetzgebung prüfen, so Isola.

Das Gericht hatte die „vage Formulierung“des Ortsgesetzes gerügt, mit dem Drogenkranken verboten wurde, bestimmte Stadtgebiete zu betreten. Zwar will auch Böhrnsen gegen Säufer, die die Stadt verunsichern oder Leute anpöbeln, vorgehen. Fraglich sei aber, ob dies per Gesetz geschehen muß. „Ich weiß gar nicht, ob die letzte Verordnung von 94 angewendet wird und ob die Polizei in solchen Fällen ohne diese Verordnung nicht hätte eingreifen können“, sagt er. „Erst wenn der Polizeipräsident sagt, da gibt es ein Manko, können wir entscheiden.“

ede

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