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Bausenator gegen Verslumung

■ Fehlbelegungsabgabe und Einkommensbegrenzung sollen in 21 untersuchten Sozialwohnungssiedlungen sinken oder ganz wegfallen. Mieterverein skeptisch

Um die Abwanderung zahlungskräftiger Mieter aus Sozialwohnungssiedlungen und damit die Verslumung zu verhindern, will der Senat teilweise oder ganz auf die Fehlbelegungsabgabe und die Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen verzichten. Betroffen sind davon 21 Siedlungen mit rund 85.000 Wohnungen.

Diese Gebiete, erklärte gestern Petra Reetz, Sprecherin von Bausenator Klemann (CDU), seien zuvor eingehend auf ihre Mieterstruktur untersucht worden. Dabei habe sich die Notwendigkeit herausgestellt, Maßnahmen gegen Abwanderung und Angebote für einkommensstärkere Mieter zu schaffen. Diese reichten vom gänzlichen Verzicht der Fehlbelegungsabgabe und der Belegungsbeschränkungen bis zu einer Halbierung der Abgaben und der Heraufsetzung der Einkommensgrenzen um 30 Prozent. Derzeit beträgt die Fehlbelegungsabgabe zwischen 1,25 Mark und 6,50 Mark pro Quadratmeter. Für welche der 21 Gebiete welche Maßnahme beschlossen wird, so Reetz, werde in den nächsten Tagen entschieden.

Betroffen sind nicht nur Großsiedlungen wie das Märkische Viertel, die Gropiusstadt oder das Falkenhagener Feld, sondern auch Sozialwohnungsgebiete wie das Neue Kreuzberger Zentrum, der Mehringplatz, der Schöneberger „Sozialpalast“ oder die Rollbergsiedlung in Neukölln. Insbesondere die Wohnungsbaugesellschaften hatten hier immer wieder auf die Gefahr einer Verslumung hingewiesen. Besserverdienende würden an den Stadtrand ziehen und in die leerstehenden Wohnungen würden aufgrund der niedrigen Einkommensgrenzen für den sozialen Wohnungsbau vor allem Sozialhilfeempfänger ziehen. Damit sei die soziale Mischung der Gebiete in Gefahr.

Rainer Wild, Mitarbeiter beim Mieterverein, warnte gestern allerdings vor scheinbar einfachen Lösungen. Zwar könne die Verringerung oder Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe den Wegzug der Besserverdienenden verzögern. Durch die Abschaffung der Einkommensbegrenzung würde aber kein Besserverdienender in die Sozialwohnungsviertel gelockt werden können. Wild forderte statt dessen, die Neubausiedlungen des sozialen Wohnungsbaus attraktiver zu gestalten. Uwe Rada

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