: Aus Kasernen werden Ateliers
■ Und dann Luxuswohnungen: Zur Schau „Ein schöner Blick in dieser Zeit“
„Fenster zum Boden“ heißt Nicola Schröders Arbeit, die da auf dem Boden der Panzerhalle liegt. Das eine von den beiden Fenstern zeigt zwischen der Doppelverglasung etwas undefinierbar Blaues, das sich als Kupfersulfat entpuppt, das andere eine bräunliche Sauce, die sich zu ornamentalen Mustern verdichtet. Das Ergebnis einer Rezeptur aus Öl, Eisenspänen und Magneten. Es gibt verschiedene Konstellationen, in denen die Magneten, um die sich die Späne verdichten, stabil bleiben.
In nächster Nachbarschaft hängt eine Installation von Christine Koch an der Decke, sie schwebt über alten, weißgestrichenen Holzstücken. Nach langem Hinsehen erkennt man, daß sich das schmale Hängeobjekt aus vielen Fensterriegeln samt Schienen zusammensetzt und die Holzstücke am Boden ehemals Rahmen waren. Oben an der linken Schmalseite der Halle wird das mehrere Quadratmeter große frühere Kontrollfenster des Wachhabenden durch ein Transparentbild von Eva Kohler abgedeckt. Wie durch einen riesigen Leuchtkasten schaut man auf streng symmetrisch angeordnete, kugelartig zusammengezogene Figuren. Als große und kleine Käfer, wie mit Stecknadeln am Untergrund fixiert – so die Suggestion –, werden die Figuren zu interessanten Anschauungsobjekten.
Gegenüber der Panzerhalle liegt ein verfallenes Heizkraftwerk. Acht Jahre nach der Wende scheint die Kaserne immer noch in eine Wildnis eingesponnen. Sonderbar: Bilder von springenden und fallenden Soldaten schleichen sich ins Bewußtsein des Besuchers. Nein, doch nicht. Die Bilder sind tatsächlich da. Die drei „Ausblicke“ von Bettina Schilling – an den Ausgängen der Halle installierte Fensterrahmen – spielen mit den Tagträumen. Die Künstlerin hat Figuren ausgeschnitten und diese auf das dazwischen eingespannte Fliegengitter montiert. Bei bestimmten Lichtverhältnissen verschwinden die Gitter, die Gestalten tauchen einfach auf.
Dieses Wochenende zeigen 17 KünstlerInnen in der Kaserne Waldsiedlung eine Ausstellung mit dem Thema „Ein schöner Blick in dieser Zeit“. Seit die ersten KünstlerInnen 1992 dort einzogen, ist dies bereits ihre vierte Präsentation. Nun droht das Projekt Atelierhaus Panzerhalle, das durch die Unterstützung des Kultusministeriums Brandenburg, der LEG Brandenburg, des Bundes und des BBK ausgebaut wurde, zu scheitern. Die neueren Planungen des Bundesvermögensamtes sehen den Abriß der Panzerhalle vor, dort sollen Wohnungen für Bundesbedienstete entstehen. Steffen Reiche, Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, versprach den KünstlerInnen, für die Panzerhalle zu kämpfen: „Für drei bis vier Mehrfamilienhäuser mehr darf die Panzerhalle nicht weggebaggert werden. Das Atelierhaus ist aus der Kulturlandschaft Brandenburgs nicht mehr wegzudenken.“
Christine Schlegel, die seit Jahren „Reservate“, Glaskästen mit Pflanzen und Tieren baut, hat auch für die Kasernen welche geschaffen. Pflanzenartig wachsen lange, blonde Haare aus einem riesigen Knäuel hoch und füllen zwei Kastenfenster aus. In Groß Glienicke hatte sie eigentlich selbst ein Reservat gefunden zu haben geglaubt. Cornelia Gerner
6. und 7.9., 14 bis 19 Uhr, Seeburger Chaussee 2, Groß Glienicke
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen